Ideal und Wirklichkeit
Wie das Berliner Stadtschloss auf alten und neuen Medaillen dargestellt wurde



Die Wermuth-Medaille von 1704 zeigt die Berliner Hohenzollernresidenz in einer barocken Idealansicht nach den Vorstellungen von Andreas Schlüter. Vorlage war ein Kupferstich aus dem späten 17. Jahrhundert.





Die von Raimund Faltz geschaffene Medaille von 1692 bildet das Schloss der brandenburgischen Kurfürsten vor dem barocken Umbau durch Andreas Schlüter ab, im Vordergrund die Lange Brücke, die zwischen 1692 und 1694 gebaut und 1703 mit dem Reiterdenkmal des Großen Kurfürsten geschmückt wurde. Auf der Medaille des gleichen Künstlers von 1700 ist die Struktur der Doppelstadt Berlin-Cölln aus der Vogelperspektive dargestellt.



Die Medaille von 1902 zum XX. Mitteldeutschen Bundesschießen schmückt sich mit berühmten Berliner Bauwerken. Zu sehen sind das Brandenburger Tor, das Berliner (Rote) Rathaus und das Königliche Schloss.



Die Silberhochzeit des Kaiserpaars 1906 wurde mit einer Medaille mit dem Doppelporträt von Wilhelm II. und Auguste Victoria und der Borussia neben einem Allianzwappen sowie der Kuppel des Berliner Schlosses im Hintergrund gefeiert.



Die Staatliche Münze Berlin brachte 2004 und 2019 Medaillen mit der Schlossansicht und, auf der Ausgabe von 2019, einem Porträt des Weltreisenden Wilhelm von Humboldt heraus. (Fotos/Repros: Caspar)

Mit einjähriger Verspätung hat die Stiftung Humboldt-Forum im Juli 2021 bisher für die Öffentlichkeit unzugängliche Räume mit sechs Ausstellungen vom Schlosskeller bis zum ersten Obergeschoss eröffnet. Dokumentiert werden mit archäologischen Fundstücken die Geschichte des Ortes, ferner das Leben und Werk der namensgebenden Brüder Wilhelm und Alexander von Humboldt, des Weiteren alte und neue Elfenbeinarbeiten unter dem Titel "Schrecklich schön. Elefant - Mensch - Elfenbein". Dann bittet eine spezielle Schau vor allem Kinder "Nimm Platz!", und schließlich kann man sich die Ausstellungen "Nach der Natur" und "BERLIN GLOBAL" anschauen. Diese von den Kulturprojekten Berlin und dem Stadtmuseum gestaltete interaktive Ausstellung zeigt anhand in den sieben Themenräumen die Verbindungen zwischen der deutschen Hauptstadt und der Welt.

Beim Flanieren durch die Höfe mit dem barocken Skulpturenschmuck und die Ausstellungshallen mag man sich vielleicht fragen, ob es denn auch Medaillen gibt, auf denen der seit Mitte des 15. Jahrhunderts in mehreren Bauphasen geschaffene Sitz der brandenburgischen Kurfürsten, preußischen Könige und deutschen Kaiser abgebildet ist. Münzen und Medaillen mit Gebäudeansichten erfreuen sich bei Sammlern großer Beliebtheit, viele sind auch preiswert zu haben. Für repräsentative Gepräge etwa aus der Barockzeit, als sich fürstliche Bauherren und städtische Magistrate mit den von ihnen in Auftrag gegebenen Sakral- und Profanbauten schmückten, muss man mitunter sehr tief in die Tasche greifen. Die Zahl der Berliner Schlossmedaillen ist nicht groß, was bei der Bedeutung des Bauwerks auf der Spreeinsel mitten in Berlin verwundert. Offenbar waren die Hohenzollern an einer numismatischen Präsentation ihrer prunkvollen Residenz nicht sonderlich interessiert. Sie wohnten ja meist außerhalb der Stadt und hatten gegenüber den Berlinern ein recht gespaltenes Verhältnis. In zwei Erhebungen - 1448 und 1848/9 - hatten sie den Hohenzollern das Fürchten gelehrt.

Bombardiert, abgerissen, neu gebaut

Erst in der Kaiserzeit nach 1871 häufen sich Darstellungen des Schlosses auf Medaillen. Doch von da ab war es nur noch eine kurze Frist, bis die Hohenzollern dem Thron entsagen mussten. Das Schloss wurde nach 1918 in ein Museum und Behördensitz umgewandelt und dann im Zweiten Weltkrieg bombardiert. 1950 auf Befehl der SED und ihres Chefs Walter Ulbricht gesprengt und dem Erdboden gleichgemacht, erlebte der Bau in den vergangenen zehn Jahren auf dem Gelände des früheren Palasts der Republik als Humboldt-Forum mit der Barockfassade nach Plänen des Architekten Franco Stella seine Wiedergeburt.

Eine berühmte Medaille von Raimund Faltz aus dem Jahr 1700 zeigt die Doppelstadt Berlin-Cölln in der Vogelperspektive und ganz in der Mitte den Standort des Schlosses auf einer von der Spree umspülten Insel. Eine Medaille von Christian Wermuth aus dem Jahr 1704 zeigt das Schloss in einer Idealansicht. Vieles von dem, was der preußische König Friedrich I. sowie Andreas Schlüter und weiter Baumeister geplant hatten, blieb unvollendet. Das betraf auch den auf der Medaille angedeuteten Turm über einem Tor. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts setzte der Architekt Friedrich August Stüler einen Kuppelturm auf das Schloss, mit dessen Rückkehr 2020 der Wiederaufbau beendet wurde.

Muse mit Palmenzweig und Palette

Dass das Schloss vor seinem barocken Umbau ein Renaissance-Palast mit vielen spitzen Türmen war, zeigt eine von Raimund Faltz geschaffene Medaille aus dem Jahr 1692 mit der Darstellung der auf Befehl des Kurfürsten Friedrich III., ab 1701 König Friedrich I. "in" Preußen, errichteten Langen Brücke, auch Rathausbrücke genannt, die 1703 durch Schlüters Reiterdenkmal des Großen Kurfürsten geschmückt wurde, das heute im Ehrenhof des Charlottenburger Schlosses steht. Eine Medaille von 1901 zur Zweihundertjahrfeier der Errichtung des preußischen Königtums zeigt neben dem Brustbild von Friedrich I. einen Engel, der die Krone auf einem Kissen vor sich her trägt, links erkennt man ein Stück der Schlossfassade. Eine zur Zweihundertjahrfeier der Königlichen Akademie der Künste im Jahr 1896 von Otto Schulz geschaffene Medaille bildet Friedrich I. und Wilhelm gemeinsam ab und zeigt auf der Rückseite eine sitzende Muse mit Palmenzweig und Palette in den Händen. Im Hintergrund ist das Schloss mit der die Stadt dominierenden Kuppel zu erkennen. Weitere Medaillen von 1906 zur Silberhochzeit des Kaiserpaars (von Arthur Krüger) und 1908 zum Besuch des Kaiserpaars beim Verein für die Geschichte Berlins (von Albert Moritz Wolff) zeigen ebenfalls das Schloss in seiner ganzen Pracht. Auch hier bildet der im Auftrag von Wilhelm II. teilweise umgebaute Palast eine edle Architekturkulisse für die kaiserliche Selbstdarstellung.

Neuesten Datums sind Medaillen mit Berliner Bauwerken, geschaffen von Helmut König. Er hat 1992 und 1993 das Hohenzollernschloss in drei historischen Ansichten dargestellt, kombiniert mit Bildnissen der zuständigen Baumeister Krebs, Schlüter und Stüler. Eine undatierte, einseitige und unsignierte Bleigussmedaille aus den 1990er Jahren stellt das Schloss aus der Vogelperspektive dar und würdigt Andreas Schlüter. Da die barocken Schlossmedaillen sehr selten und teuer sind, können die König-Medaillen und weitere Arbeiten aus neuerer Zeit Sammlern schon ein Stück weiterhelfen. Von der Faltz-Medaille aus dem Jahr 1700 werden im Handel gelegentlich auch Nachprägungen angeboten. Preiswert erhältlich sind auch Medaillen, die die Staatliche Münze Berlin 2004 und 2019 herausgab, um mit dem Erlös den Wiederaufbau des Humboldt-Forums mit der barocken Fassade zu unterstützen.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass neben zahlreichen Medaillen mit Gebäudeansichten auch solche mit Darstellungen von Herrscher-, Krieger und anderen Denkmälern in meist geringen Stückzahlen geprägt wurden. Sie wurden bei der Weihe solche Monumente an Vertreter der Königs- und Kaiserfamilie in Gold sowie in Silber an Hofbeamte, Künstler und andere Personen vergeben und kommen gelegentlich in den Angeboten des Münzhandels vor.

Siehe auch Eintrag auf dieser Internetseite (Museen und Ausstellungen) vom 21. Juli 2021

28. Juli 2021

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