Silberfunde machten Sachsen reich
Medaillen der Dresdner Prägeanstalt Glaser würdigen den ins Mittelalter zurückreichenden Bergbau im Erzgebirge



Zwei Heilige, Joachim und Anna, fungieren als Schildhalter des Wappens von Sankt Joachimsthal, rechts Graf Stephan Schlick, der mit seinen Brüdern nur wenige Jahre die Joachimsthaler Ausbeute in klingende Münze verwandeln konnte.



Auf der von der 1. Dresdner Medaillenmünze Glaser & Sohn geprägten Medaille von 2020 aus Silber beziehungsweise Kaiserzinn sind das Joachimsthaler Wappen mit der alten Münzstätte sowie ein Joachimsthaler von 1520 zu erkennen. Der Entwurf stammt von Lothar Schumacher, die Stempel hat Lothar Exner geschnitten.



Das frühere Münzhaus in Joachimsthal/Jáchymov ist heute ein Museum, indem die Geschichte Geburtstadt des Talers dokumentiert ist. In dem stattlichen Renaissancegebäude kann man sich mit der Geologie und Mineralogie des Erzgebirges, mit archäologischen Funden aus der alten Münzstätte und dem Münzwesen bekannt machen. Das Museum ist dem Andenken an den bedeutenden Naturwissenschaftler Georgius Agricola gewidmet, dessen Leben und Werk eng mit der berühmten Bergstadt verbunden sind.



Die Rückseite eines 1553 in Schneeberg geprägten Engeltalers schmückt die Rückseite einer 2021 zur 550-Jahrfeier der Bergstadt Schneeberg in der 1. Dresdner Medaillenmünze Glaser & Sohn geprägten Medaille aus Silber beziehungsweise Kaiserzinn. Entworfen wurde die Medaille von Lothar Schumacher, die Stempel wurden von Ralf Exner geschnitten.



Ein 605 Gramm schweres Stück vom so genannten Silbertisch, an dem Herzog Albrecht der Beherzte gespeist haben soll, blieb im Staatlichen Museum für Mineralogie und Geologie zu Dresden erhalten.



Als Glaser & Sohn 1918 ihr fünfzigjähriges Bestehen feierten, mussten zur Herstellung einer repräsentativen Jubiläumsmedaille aus Eisenmedaille mit hohem Relief auf der Vorderseite und der vertieften Wiedergabe eines Löwen an der Spindelpresse außerordentliche Kräfte her. Die von Paul Sturm gestaltete Medaille mit dem Bildnis des Firmengründers Richard Glaser musste nach dem damaligen Bericht achtzehnmal in kaltem Zustand mit enormer Kraft geprägt werden.



Die Medaille zur Erinnerung an den beim Bombenangriff auf Dresden am 13. Februar 1945 ums Leben gekommenen Medailleur Friedrich Wilhelm Hörnlein wurde bei Glaser & Sohn geprägt. Herausgegeben wurde sie vom Numismatischen Verein Dresden. (Fotos/Repros: Caspar/Schumacher)

Kursachsen hatte gegenüber vielen anderen deutschen Regionen den großen Vorteil, dass es im Erzgebirge mit reichen Lagerstätten gesegnet war, deren Ausbeute sich profitabel in klingende Münze verwandeln ließ. In Freiberg wurden vom Mittelalter bis zur Einstellung des Bergbaus 1969 etwa 5700 Tonnen Silber gewonnen, wovon 2000 Tonnen vermünzt wurden. Zahlreiche große und kleine Münzen wurden mit der manuellen Prägeweise am Amboss hergestellt. Sie und die vielen an anderen Orten in Sachsen geprägten Münzen systematisch zu sammeln, ist eine Lebensaufgabe. Fleißige Bergleute machten die Kurfürsten und Könige reich. Ihnen standen die Einnahmen aus der Münzprägung in Annaberg, Dresden, Freiberg, Leipzig, Schneeberg, Zwickau und anderen Orten zu Gebot. Von den dort hergestellten Pfennigen, Groschen, Taler, Goldgulden und Dukaten sowie von den zum Lob der Dynastie und aus anderen Gründen geprägten Medaillen blieb ungeachtet mancher Einschmelzungen sowie Verlusten durch Kriege und Katastrophen vergleichsweise viel erhalten, und so nehmen Hinterlassenschaften der sächsischen Numismatik in den Angeboten des Münzhandels einen vorderen Platz ein.

"Ins Tal, ins Tal mit Mutter, mit all"

Der Verein Freiberger Münzfreunde e. V. publiziert seit vielen Jahren in seinen Münzheften neue Forschungsergebnisse über sächsische Münzen und Medaillen und bringt darüber hinaus zur Freude der Sammler dazu passende Medaillen heraus. Eine in der 1. Dresdner Medaillenmünze Glaser & Sohn geprägte Medaille von 2020 auf 500 Jahre Münze Sankt Joachimsthal und die 2019 in die Unesco-Liste des Weltkulturerbes aufgenommene Montanregion Erzgebirge/Krusnohori wird im Heft 30/2021 vorgestellt. Lothar Schumacher berichtet auf den Seiten 5 bis 31 unter der Titelzeile ",In Tal, ins Tal mit Mutter, mit all - 500 Jahre Münzstätte und Bergstadt Sankt Joachimsthal" darüber, wie es 1486 in Tirol unter Erzherzog Sigmund zur Prägung der Guldengroschen und um 1500 in Kursachsen zur Prägung der Klappmützentaler kam, die damals aber noch Guldengroschen oder Neue Münze hießen. Beachtung verdienen Schumachers Darlegungen über den Aufstieg der damals den Grafen Schlick gehörenden Bergstadt Sankt Joachimsthal, heute Jáchymov in der Tschechischen Republik. Die Grafen Stephan und seine Brüder hatten im Dezember 1519 und Januar 1520 vom böhmischen Landtag vorläufig das Recht erhalten, Weißgroschen und Guldengroschen zu prägen, die später Joachimsthaler oder schlicht Taler genannt wurden. Von jeder vermünzten Mark standen ihnen 16 Groschen oder 4,16 Prozent Schlag- oder Prägeschatz zu, was ihnen zu großem Reichtum verhalf.

Die beiden Medaillen von 2020 und 2021 und weitere Medaillen wurden in der Dresdner Prägeanstalt Glaser & Sohn geprägt. Auf der Ausgabe von 2020 aus Silber beziehungsweise Kaiserzinn sind das Joachimsthaler Wappen und die alte Münzstätte sowie ein Joachimsthaler von 1520 zu erkennen. Der Entwurf stammt von Lothar Schumacher, den Stempel hat Lothar Exner geschnitten. Die Silber- bzw. Zinnmedaille von 2021 nach einem Entwurf ebenfalls von Lothar Schumacher zeigt auf der Vorderseite die Ansicht von Schneeberg unter dem Stadtwappen sowie die Jahreszahlen 1471 und 2021. Darunter die Wappenseite eines Schneeberger Engeltalers von 1553 und das Siegel der Blau-Farben-Compagnie von 1869. Rückseitig sieht man, wie Herzog Albrecht der Beherzte in der Schneeberger Silbergrube St. Georg an einem "Tisch" aus gediegenem Silber tafelt. Aus diesem hat man etwa 400 Zentner Silber geschmolzen.

Die Grafen von Schlick hatten nicht lange Freude an ihrem Gewinn, denn schon 1528 übernahm König Ferdinand von Böhmen, ein Bruder des römisch-deutschen Kaisers Karls V., die Münze in Joachimsthal. Hundert Jahre später kämpfte das Grafengeschlecht, gespalten in eine katholische und eine evangelische Linie, an verschiedenen Fronten. Die einen stritten für das Recht der böhmischen Stände gegenüber den Habsburgern und nahmen aktiv an Aufständen gegen sie in den Jahren 1547 sowie 1618 bis 1620 teil. Nach der Schlacht am Weißen Berg verlor nicht nur der auf der Kurpfalz stammende "Winterkönig" Friedrich I. Land und Krone, sondern seine Parteigänger Vermögen und oft auch das Leben. Johann Andreas von Schlick, einer der Führer der böhmischen Aufständischen, wurde 1621 mit weiteren Rebellen auf dem Altstädter Ring in Prag 1621 öffentlich hingerichtet. Die Familienmitglieder aber, die den Habsburgern treu geblieben waren, wurden mit dem Vermögen der unterlegenen und geächteten Protestanten belohnt. Einer der Profiteure des von Kaiser Ferdinand II. angeordneten Strafgerichts war auch der Feldherr und zeitweilige Herzog von Mecklenburg, Albrecht von Wallenstein, der 1634 vermutlich mit Wissen des Kaisers in Eger ermordet wurde.

Familienbetrieb in der fünften Generation

Der 1868 in Dresden gegründete Familienbetrieb Glaser & Sohn wird mittlerweile in fünfter Generation von Ralf Exner geführt. Die Medaillenmünze stellte seither nach eigenen Entwürfen und denen von Kunden Orden und Abzeichen, Medaillen, Münzen, Ehrenzeichen und Souvenirartikel sowie viele andere Produkte aus Metallen und Edelmetallen her. Die Firmenchronik erwähnt, dass das als Gürtlerwarengeschäft geführte Unternehmen seinen Sitz in der Borngasse 5 in Alt-Dresden unweit des heutigen Pirnaischen Platz hatte. "Die Produktpalette der damaligen Zeit umfasste Gravier-, Präge- und Stanzarbeiten für Massenartikel, ein Emaillier-Atelier und Wappenmalerei, außerdem Studentische Waffen- und Coulerartikel wie leichte Säbel und Florette sowie Ehren-, Vereins- und Festzeichen. ,Glaser & Sohn"' stellten damals Medaillen und Plaketten bedeutender Dresdner und auswärtiger Künstler in mitunter erstaunlicher Größe her. Ab 1896 nahm man auch die Produktion von Orden und Abzeichen auf (z.B. den Albrechtsorden für die Königlich Sächsische Ordenskanzlei, Verdienstorden sowie den Maria-Anna-Orden). Die hohe Qualität der Produkte, Zielstrebigkeit und Fleiß sowie mit Weitsicht getätigte Investitionen in die neusten technischen Lösungen brachten der Firma schnell Erfolge und sowohl national als auch international einen ausgezeichneten Ruf." Zur Betriebsausstattung haben unter anderem eine in Deutschland einzigartige automatische Reliefgraviermaschine, eine 180 Tonnen- Friktions- und Kurbelpresse sowie eine Prägemaschine mit einer Höchstleistung von 30 000 Münzen täglich gehört. Wie einem Bericht der Blätter für Münzfreunde vom Januar/Februar 1919 zu entnehmen ist, hat die Firme stets großen Wert auf moderne technische Ausstattung gelegt. "Zunächst beschränkte sich die Ausstattung auf Handpressen, dann kamen kleine Motorprägestöcke dazu und heute verfügt die Anstalt über eine 20 Pf.-Kr. (Pferdestärken (PS), H. C.) erfordernde hydraulisch betriebene Prägemaschine, die mit 1 Million Kilo Druck zu arbeiten vermag, außerdem sind mit elektr. Antrieb eine große automatische Geldpresse und Frictionspresse noch im Betrieb."

Zwangsweise Verstaatlichung in DDR-Zeiten

Dramatischster Tiefpunkt der Firmengeschichte war die Bombardierung Dresdens am 13. Februar 1945. Dabei wurde das Stammhaus auf der Borngasse nahezu vollständig zerstört. Firmenchef Richard Römer starb unter den Trümmern. Seine Witwe Martha Römer begann im gleichen Jahr mit Hilfe ihrer Tochter Margarete Exner und deren Ehemann Günther Exner den Wiederaufbau des Unternehmens. Das damals schon über 50.000 Prägewerkzeuge umfassende Stanzenlager war bei der Bombardierung verloren gegangen, dazu wichtige Zeugnisse der Firmengeschichte. "Das verbliebene, noch verwendbare Material und Werkzeuge wurden aus den Trümmern geborgen, beschädigte Maschinen und Einrichtungen nach Möglichkeit wieder aufgebaut. So konnte der Betrieb, erst auf der Schützenhofstraße 38 und ab 1949 auf der Österreicher Straße 61 in Dresden-Laubegast wieder aufgenommen werden. […] Die enormen Schwierigkeiten des Wiederaufbaus konnten so zunächst gemeistert werden. Allerdings deuteten sich erneut tiefgreifende Veränderungen für das traditionsreiche Familienunternehmen an, die vor allem den politischen Gegebenheiten zuzuschreiben waren. Die lange erfolgreich verteidigte Eigenständigkeit fiel 1972 der Zwangsverstaatlichung zum ,VEB Dresdner Medaillenmünze' zum Opfer. Die Bezeichnung ,Glaser & Sohn' musste aus dem Firmennamen gestrichen werden."

Auf Grund seiner spezifischen Qualifikation kam Ralf Exner, der Sohn der bisherigen Inhaber, für die Betriebsleitung in Frage und konnte so trotz vieler Probleme den Einfluss der Familie auf die Firmengeschicke erhalten, heißt es in der Chronik weiter. Nach der Rohstoffknappheit der Kriegsjahre war in DDR-Zeiten Einsatz hochwertiger Materialien wegen Beschränkungen von staatlicher Seite sehr schwierig. Vor allem Edelmetalle konnten immer seltener eingesetzt werden. "Mit fachlichem Know how, viel Kreativität und jeder Menge Erfindergeist wurden zahlreiche Herstellungsverfahren und auch Anlagegüter aber quasi ,ersetzt' und mit den begrenzten Mitteln einiges erreicht." Das Dresdner Unternehmen wuchs nach dem VEB Münze der DDR und dem VEB Präwema Prägewerk in Markneukirchen zum drittgrößten Spezialbetrieb dieser Art in der DDR mit bis zu 100 Mitarbeitern.

Der Fall der Mauer 1989 und die deutsche Wiedervereinigung eröffneten sich der Prägeanstalt völlig neue Perspektiven. 1990 wurde der Betrieb auf Antrag von Margarete Exner unter dem Namen "1. Dresdner Medaillenmünze Glaser & Sohn" reprivatisiert. Geschäftsführer und Graveur Ralf Exner schaffte ungeachtet widriger Bedingungen mit großer Einsatzbereitschaft und persönlichem Verzicht den Übergang zur Marktwirtschaft, wobei er Beziehungen sowohl zu den alten Bundesländern wie auch dem Ausland nutzte und neue Kunden gewann. So stieg das im Dresdner Ortsteil Bühlau/Weißer Hirsch tätige, vielfach ausgezeichnete Unternehmen wieder zu einer festen Größe in der Branche auf.

28. März 2021

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