Schlag nach bei Schwalbach und Jaeger
Kataloge der deutschen Münzen des 19. bis 21. Jahrhunderts waren und sind wichtige Orientierungshilfen und erlebten viele Auflagen



Die von Carl Schwalbach katalogisierten Münzen deutscher Bundesstaaten des 19. Jahrhunderts kann man in allerbester Erhaltung in der ständigen Ausstellung des Berliner Münzkabinetts im Bode-Museum auf der Museumsinsel in aller Ruhe betrachten. Hier Doppeltaler aus dem Fürstentum Reuß Jüngere Linie 1843, dem Königreich Sachsen 1854 und dem Königreich Württemberg 1871.





Der 1849 von der Freien Stadt Frankfurt am Main in einer Auflage von nur 200 Exemplaren geprägte Doppelgulden auf die nicht erfolgte Wahl des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. zum Deutschen Kaiser erzielt hohe Liebhaberpreise. Mit dem Doppeltaler von 1866 endete die Münzgeschichte des Kurfürstentums bzw. ab 1815 Königreichs Hannover. König Georg V. unterlag mit seinen Verbündeten im Deutschen Krieg von 1866 Preußen, das Hannover und weitere Monarchien und die Frankfurt am Main kurzerhand annektierte.





Der 1887 zum Ende der Dresdner Münze mit einem Punkt auf der Vorderseite gekennzeichnete Pfennig und das bald darauf mit einem Stern markierte Zwanzigpfennigstück ebenfalls von 1887 gehört zu den Topraritäten der mit weiteren Seltenheiten reich gesegneten Münzgeschichte der deutschen Kaiserzeit. Die Raritäten liegen im Dresdner Münzkabinett und wurden dort auch fotografiert.



Wegen der unerlaubten Nachprägung des Fünfzigers BANK DEUTSCHER LÄNDER 1950 G mussten sich Mitarbeiter der Karlsruher Münzstätte vor Gericht verantworten.



Münzen der Bundesrepublik Deutschland sind beliebte Sammelthemen und werden, da sie meist in hohen Auflagen geprägt wurden, vom Handel preiswert angeboten und sind auch auf Börsen zu finden. Bei den Gedenkmünzen ist es ein ehernes Gesetz, dass der Bundesadler auf der Rückseite stets neu gestaltet wird und in seinem Duktus der Vorderseite anzupassen ist.



Im Handel erzielen die von 1 bis 112 nummerierten, probeweise geprägten Zehnmarkmünzen der DDR zur 175-Jahrfeier der Humboldt-Universität mit der Ansicht des Hauptgebäudes Unter den Linden in Berlin.



In vielen Sammlungen liegen diese und weitere DDR-Münzen neben denen der Bundesrepublik Deutschland. Heute bekommt man sie zu moderaten Preisen, bei manchen Stücken muss man tief in die Tasche greifen. (Fotos/Repros: Caspar)

Die im ausgehenden 19. Jahrhundert von dem sächsischen Sammler Dr. Carl Schwalbach publizierten und danach immer wieder als Reprint neu aufgelegten Kataloge "Die neueren deutschen Thaler, Doppelthaler und Doppelgulden vor der Einführung der Reichswährung" sowie "Die neuesten deutschen Münzen unter Thalergröße vor Einführung des Reichsgeldes" sind heute nur noch bedingt aussagefähig, denn viele Ausgaben wurden vom Autor aus nicht erfindlichen Gründen nicht berücksichtigt. Außerdem bilden die seinerzeit mitgegebenen Lichtdrucktafeln nur eine Auswahl der in Frage kommenden Münzen ab. Immerhin notierte Schwalbach, ob eine Münze nach Auffassung seiner Zeit selten ist oder nicht und in welchen Jahrgängen sie vorkommt.

Carl Schwalbach kommt das Verdienst zu, Münzen deutscher Fürsten und Städte des 19. Jahrhunderts in Zeiten erschlossen zu haben, als diese in großen Mengen eingezogen und eingeschmolzen wurden. Er machte seine Zeitgenossen neugierig auf das von Vernichtung bedrohte numismatische Erbe der letzten Jahrzehnte und sorgte dafür, dass die von ihm beschriebenen Geldstücke von der Wissenschaft und den Münzfreunden wahrgenommen wurden und zu beliebten Sammelstücken avancierten. Es liegt in der Natur der Sache, dass das Gute durch das Bessere abgelöst wird. So wurden auch die Schwalbach'schen Bücher durch neue Kataloge mit ausführlicheren und genaueren Angaben ersetzt. Dennoch ist Carl Schwalbach nicht vergessen. Manche Münzfreunde sprechen auch heute noch von der "Schwalbachzeit", wenn sie die deutschen Münzen vom frühen 19. Jahrhundert bis zur Reichseinigung von 1871 meinen. Schwalbachs aus Braunschweig-Lüneburg und anderen Ländern bestehende Sammlung wurde 1913 in Hannover versteigert.

Vieles ist ausgeleuchtet und erklärt

In den vergangenen hundert Jahren ist die numismatische Forschung gut vorangekommen, fast alle Facetten dieses Themas sind ausgeleuchtet und erklärt. Sie hat Münzen von Taler- und Doppeltalergröße und darunter ausfindig gemacht, die Schwalbach noch nicht kannte oder aus uns nicht erfindlichen Gründen unberücksichtigt ließ. Heutige Kataloge informieren viel ausführlicher über Auflagezahlen, Varianten, beteiligte Künstler und Prägeanstalten, ja auch über vorkommende Abschläge und Fälschungen. Und sie nennen Preise, die Sammlern bei der Einordnung ihrer Stücke helfen. In neuen Katalogen über deutsche und ausländische Münzen werden nicht nur alle erreichbaren Informationen über sie mitgeteilt, sondern auch in welchen Sammlungen gewisse Raritäten liegen sowie wo und für welchen Preis sie versteigert wurden.

Deutsche Münzen des 19., 20. und nun auch des 21. Jahrhunderts erfreuen sich bei Sammlern hierzulande großer Beliebtheit. Sie sind gut katalogisiert, und man kennt alle wichtigen Daten. Speziell für die deutschen Halbtaler, Gulden, Taler, Doppelgulden und Doppeltaler gibt es das Buch von Helmut Kahnt aus dem Battenberg Verlag, in dem wie in andern Katalogen auch Preise je nach Auflage und Erhaltung mitgeteilt werden. Sie sind Anhaltspunkte und können bei einem Kauf oder einer Versteigerung erheblich von den Vorgaben abweichen.

Details entscheiden über Häufigkeit oder Seltenheit

Bei vielen Stücken entscheiden ein kleiner Buchstabe, eine veränderte Jahreszahl, eine auffällige Haarlocke, ein Punkt oder Stern darüber, ob man beim Erwerb 20, 200 oder 20 000 Euro bezahlen muss. So sind die 1887 in Dresden beziehungsweise nach dem Umzug nach Muldenhütten bei Freiberg geprägten Pfennige preiswert zu haben. Doch sollten sie mal mit einem dicken Punkt oder Stern vorkommen, weiß jeder Kenner, dass die Münzen als Andenken in geringer Stückzahl zum Abschied der alten Prägestätte und als Willkommen in der neuen hergestellt wurden. Ein anderes Beispiel aus neuerer Zeit ist das bundesdeutsche Fünfzigpfennigstück von 1950 mit der Umschrift "Bank deutscher Länder". Der Buchstabe G auf der Wertseite steht für die Münzstätte Karlsruhe, in der es in jenem Jahr zu einer peinlichen Verwechslung kam. Während die in 30 000 Exemplaren hergestellte "Fehlprägung" mit der durch die Gründung der Bundesrepublik überholten Umschrift BANK DEUTSCHER LÄNDER je nach Erhaltung zwischen 320 und 800 Euro bringt, werden für das ebenfalls im Jahr 1950 geprägte Stück mit dem korrekten Hinweis BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND nur wenige Euro gezahlt. Da die G-Rarität von 1950 später noch einmal von Mitarbeitern der Karlsruher Münze illegal nachgeprägt wurde und außerdem von ihr Fälschungen kursieren, sei zur Echtheitsprüfung geraten.

Dickes Nachschlagewerk startete als schmales Heft

Verlässliche Informationen über die seit der Reichsgründung von 1871 geprägten deutschen Münzen liefert der bekannte Katalog von Kurt Jaeger "Die deutschen Münzen seit 1871", der im Gietl Verlag Regenstauf in zahlreichen Auflagen und Neubearbeitungen erschienen ist und aktuell in der 26. Auflage mit 978 Seiten vorliegt (ISBN 978-3-86646-182-6, 3490 Euro). Immer wieder auf den neuesten Stand von Helmut Kahnt und Michael Kurt Sonntag gebracht, bietet das nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst als schmales Heft von dem Sammler Kurt Jaeger veröffentlichte Nachschlagewerk alles, was man über die Geschichte, Gestalter und Themen der Münzen der deutschen Kaiserzeit, Weimarer Republik und NS-Zeit sowie nach 1945 in beiden deutschen Staaten wissen sollte. Hinzu kommen Münzen der Kolonien des Kaiserreichs sowie der von deutschem Militär im Ersten und Zweiten Weltkrieg besetzten Gebiete. Erfasst sind darüber hinaus staatliche Notmünzen aus dem Ersten Weltkrieg und danach.

Bei vielen in geringeren Stückzahlen hergestellten und daher nur ganz selten angebotenen Münzen findet man die Angabe LP für Liebhaberpreis. Ein solches Stück ist, pars pro toto, bei Hamburg vermerkt. Es handelt sich um ein 1908 geprägtes Zwanzigmarkstück, von dem nur 14 Exemplare "für Versuchszwecke des Reichsbankdirektoriums" hergestellt wurden, was immer man darunter zu verstehen hat. Hier wie bei anderen Münzen ist Vorsicht geboten, denn es kommen Fälschungen und manipulierte Ausgaben vor, die nicht das Geld wert sind, das gut betuchte Sammler hinzulegen bereit sind. Der Buchstabe F im Kreis sagt hier und an vielen anderen Stellen, dass Vorsicht geboten ist und das Motto "Augen auf beim Münzenkauf" zu beachten ist.

Während 1989 auf den Straßen der DDR "Wir sind das Volk", "Für unser Land" und "Keine Gewalt", aber schon bald "Deutschland einig Vaterland" gerufen wurde und sich die alten Machtstrukturen der Staatspartei SED und der von ihr abhängigen Regierung auflösten, prägte der VEB Münze der DDR am Ost-Berliner Molkenmarkt unverdrossen Kurs- und Gedenkmünzen. Doch damit war 1990 Schluss, denn der zweite deutsche Staat erlebte seinen 41. Gründungstag nicht mehr. Am 3. Oktober 1990 war er nach der ersten freien und geheimen Wahl zur Volkskammer, nach schwierigen Verhandlungen, heftigen innenpolitischen Auseinandersetzungen über das Für und Wider der Vereinigung und der Währungsunion vom 1. Juli 1990, mit der die D-Mark im ostdeutschen "Beitrittsgebiet" eingeführt wurde, sowie in Abstimmung mit den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs der Bundesrepublik Deutschland beigetreten.

Mit der Wiedervereinigung war auch die Münzgeschichte der DDR beendet. Hammer, Zirkel und Ährenkranz waren Geschichte. Sammler hüben und drüben hielten nach Belegstücken Ausschau und mussten zuweilen recht tief in die Tasche greifen, weil DDR-Münzen einen Höhenflug erlebten. Wie sich erst nach dem Ende der DDR heraus stellte, stimmten viele offiziell angegebenen Auflagezahlen nicht, den eben geprägte Münzen wurden, weil man sie nicht absetzen konnte, zum Zwecke der Rohstoffgewinnung wieder eingeschmolzen.

Blick auch über den Tellerrand

In vielen Publikationen wird die wechselvolle Geschichte der DDR-Münzen beleuchtet, in Katalogen finden Sammler detaillierte Angaben über Ausgaben, Auflagezahlen, Varianten und andere für Sammler wichtige Daten. Der Ende 2021 in 51. Auflage im Battenberg Gietl Verlag Regenstauf erschienene Katalog "Die deutschen Münzen seit 1871" (978 Seiten, zahlreiche Abb., 24,90 Euro, ISBN 9783 866 462007) listet, von Günter Schön und Gerhard Schön verfasst, alles auf, was im Deutschen Reich ab 1871 an Kurs- und Gedenkmünzen in großen und manchmal auch winzigen Auflagen geprägt wurde. Erfasst sind Gepräge des 1871 gegründeten Kaiserreichs und seiner Kolonien, der 1918 aus der Taufe gehobenen Weimarer Republik, der 1933 errichteten Nazidiktatur sowie der Bundesrepublik Deutschland bis heute und der DDR bis 1990.

Wer vom Titel ausgehend meint, in dem Buch seien nur deutsche Münzen erfasst, der wird mit einem Blick über den Tellerrand angenehm überrascht, weil dort auch detaillierte Angaben über Münzen des Freistaats Danzig von 1923 bis 1935 sowie aus dem Fürstentum Liechtenstein seit 1862 zu finden sind. Breiten Raum nehmen in dem voluminösen Nachschlagewerk Münzen aus Österreich von Kaiser Franz Joseph I., der 1848 auf den Thron kam, bis heute sowie der Schweiz von 1850 bis heute ein. Wer es sich zur Aufgabe, alle diese Stücke in seinen Besitz zu bringen, hat sich viel vorgenommen und muss bei vielen Ausgaben auch tief in die Tasche greifen.

18. April 2021

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