Fürsten, Heilige, Wappenkränze
Die frühen, noch der gotischen Kunst verpflichteten Taler waren so viel wert wie die Goldgulden





Der 1486 in Hall als silbernes Äquivalent des Goldgulden mit dem Bildnis von Erzherzog Sigmund auf einer Miniatur aus dem späten 15. Jahrhundert mit seinen drei Ehefrauen sowie als stehender Landesfürst beziehungsweise Reiter geprägte Guldengroschen war für weitere Großsilbermünzen vorbildlich. Alsbald nannte man sie Thaler oder Taler nach den im böhmischen Sankt Joachimsthal hergestellten Großsilbermünzen.





Die Ähnlichkeit mit dem Haller Vorbild von 1486 ist bei den ganz frühen Silberstücken nicht zu übersehen und war gewollt, um Ebenbürtigkeit mit den allerersten Großsilbermünzen zu unterstreichen. Die Wappenkränze auf dem Taler von 1501 aus dem Bistum Sitten und dem undatierten Taler des Herzogs Antoine von Lothringen dokumentieren fürstliche Besitzstände oder auch Ansprüche auf bestimmte Ländereien.



Relief von der Alten Münze in Rostock aus dem 17. Jahrhundert würdigt die schwere Arbeit derer, die am Amboss mit schwerem Hammer ein Geldstück nach dem anderen schlugen.



Sieben Schreckenberger Groschen zu etwa 4,5 Gramm gingen auf einen Goldgulden oder einen Klappmützentaler, der den sächsischen Kurfürsten Friedrich der Weise mit dem Kurhut und seine Brüder Johann und Georg mit der modischen Kopfbedeckung zeigt. Dem anno 1500 geprägten Guldengroschen folgten bis 1525 unzählige weitere. Fachleute zählen mehr als 300 in erzgebirgischen Münzschmieden hergestellte Stempelvarianten.



Der in Sankt Joachimsthal von den Grafen Schlick geprägte Joachimsthaler ohne Jahreszah stammt aus einem Münzfund und ist im Archäologischen Landesmuseum im Paulikloster zu Brandenburg (Havel) ausgestellt.





Der Guldengroschen aus der Landgrafschaft Hessen stammt aus dem Jahr 1502 und zeigt die als Landespatronin verehrte Heilige Elisabeth mit dem Modell der Marburger Elisabethkirche in der Hand. Darunter ein Salzburger Rübentaler von 1504, benannt nach der Rübe im Wappen des Erzbischofs Leonhard von Keutschach. (Fotos/Repros: Caspar)

Was bei Bücherfreunden die Wiegendrucke (Inkunabeln) sind, jene bis zum Jahre 1500 geschaffenen Druckwerke aus der Gutenberg-Zeit, sind bei Numismatikern die Inkunabeltaler. Bei der Festsetzung einer zeitlichen Obergrenze zur Einordnung dieser frühen Talergepräge nehmen sie es Numismatiker nicht so genau. Denn auch die in den beiden ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts geprägten Guldengroschen, auch Guldiner oder Taler genannt, gehören in diese Spitzen-Kategorie und sind, von den sächsischen Klappmützentalern abgesehen, große numismatische Raritäten. Da sie aus gutem Schrot und Korn bestanden, also in der Silberlegierung und im Gewicht den Vorschriften entsprachen, sah man in ihren den Rohstoff für weitere, minderwertige Geldstücke und schmolz sie zum Leidwesen späterer Sammler massenhaft ein.

Erzherzog Sigismund von Tirol, genannt der Münzreiche", hob 1486 in Hall ein noch ganz dem gotischen Kunststil verpflichteten neues Nominal aus der Taufe, den silbernen Guldengroschen. Mit der Emission der mit etwa 42 Millimeter Durchmesser ungewöhnlich großen und mit rund 31 Gramm schweren Silbermünze begann ein neuer Abschnitt in der europäischen Münz- und Geldgeschichte. Sie war die Antwort des innovativen Landesfürsten mit erheblichen Silberressourcen auf geringer werdende Goldvorkommen und auch Nöte, die man bei diesem Edelmetall mit dem Nachschub aus dem Orient hatte.

Als Dollar auf der ganzen Welt präsent

Wurden für den täglichen Zahlungsverkehr bis dahin nur groschengroßes Silbergeld beziehungsweise für die Begleichung größerer Summen und im Fernhandel Goldgulden und/oder Schuldverschreibungen verwendet, so fanden die neuen Großsilbermünzen und ihre Teilstücke zunehmend Anklang, weil man mit ihnen bequem Geldgeschäfte abwickeln konnte. Allerdings dauerte es noch zwanzig Jahre und etwas mehr, bis sich die in Sachsen und Böhmen massenhaft geprägten Guldengroschen am Markt durchsetzten. Als Joachimsthaler, Thaler oder nur Taler waren sie Namensgeber einer neuen Münzgattung und sind in Gestalt des Dollar bis heute auf der ganzen Welt präsent.

Die steigende Bedeutung des Schwazer Silberbergbaues und der Umstand, dass in Hall aufgrund der Gewinne aus der Salzproduktion große Umsätze getätigt wurden, waren wohl der wichtigste Grund, warum 1477 Erzherzog Sigismund die Tiroler Münze von Meran nach Hall am Inn verlegen ließ. Die Münzprägung erfolgte bis 1567 im Ansitz Sparberegg an der Südostecke der Haller Oberstadt. Als dort das ehemalige Damenstift einzog, erfolgte die Übersiedlung der Münzstätte in die Burg Hasegg. Bis zum Jahr 1809 wurden hier in großer Zahl Münzen der Habsburger geprägt. Erst im Jahre 1975 wurde die Haller Münze zu neuem Leben erweckt.

Lücke zwischen Kreuzer und Goldgulden

Erzherzog Sigismunds neue Silbermünzen hatten den gleichen Wert wie Goldgulden, und das wurde auch durch die Übernahme des Vorderseitenbildes mit dem stehenden Landesfürsten mit einem Wappenschild und Helm daneben, während er noch einmal als Reiter abgebildet ist, um den weitere Wappenschilder angebracht sind. Der Landesfürst wollte mit neuen Geldstücken die Lücke zwischen dem Kreuzer und dem Goldgulden schließen. Das von ihm entwickelte Münzsystem bestand aus dem Sechser, Pfundner (12 Kreuzer), Halbguldiner (30 Kreuzer) und Guldiner (60 Kreuzer). Der neue Guldengroschen oder Guldiner war so erfolgreich, dass er alsbald von anderen Feudalherren und Städten in seiner Größe und Gestalt sowie im Design nachgeahmt wurde. Vermutlich wurden die frühen Ausgaben nicht im täglichen Verkehr verwendet, sondern eher zu Geschenk- und Repräsentationszwecken. Die Herstellung am Amboss mit Hilfe von Handstempeln war schwierig und kräftezehrend. Erst im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts wurden Geräte wie Klippwerke und Spindelpressen eingesetzt, die das Verfahren sicherer machten und erleichterten. Diese mit Heiligen- und Fürstenbildnissen sowie Wappenschildern ausgestatteten Münzen sind noch ganz der Kunst der Gotik verpflichtet. Sie sind beliebte Sammelstücke und gehören zu den besonders schönen und kostbaren numismatischen Hinterlassenschaften der frühen Neuzeit.

Zwar schlug die Geburtsstunde des Talers anno 1486 in Hall am Inn, doch der Name der in zahllosen Formen verbreiteten Münze bezieht sich auf die böhmische Münzstätte Sankt Joachimsthal. Dort machten nach 1519 die auf beträchtliche Silberfunde gestoßenen Grafen Schlick aus der Ausbeute ihrer Bergwerke millionenfachen Münzgewinn. Angeleitet von sächsischen Technikern, kamen in Joachimsthal die mit dem Bildnis des Heiligen Joachim und dem böhmischen Löwen geschmückten Joachimsthaler heraus. Diese hochwertigen Silberstücke anfangs ohne Jahreszahl waren so beliebt, dass ihr Name auf die ganze übertragen wurde. Aus Jochimsthalern wurden Taler, Daaler, Talar und schließlich Dollar. In Russland und Polen nannte man die Münzen unter Bezug auf ihren Ursprung Joachimsthal beziehungsweise Joachimik. In Frankreich hießen die Silberlinge in Anlehnung an die Joachimsthaler Jocondale.

Meisterwerke der Stempelschneidekunst

Ohne Zweifel sind die Guldengroschen des Bistums Sitten (1498), Ungarn (1499), Kursachsen (o. J., 1500), Württemberg (1507) und viele andere Stücke Meisterwerke der Stempelschneidekunst. Unverkennbar sind die Bezüge zur spätgotischen Plastik und Malerei vor allem dort, wo faltenreiche Gewänder wiedergegeben werden. Und schaut man sich andere Details an, so erkennt man die Liebe der zumeist unbekannten Stempelschneider zu gotischen Ornamenten und Einfassungen. Eine hervorragende Arbeit ist der Guldengroschen der Landgrafschaft Hessen aus dem Jahr 1502. Er zeigt das Bildnis der Heiligen Elisabeth mit einem Modell der Elisabethkirche in Marburg. Eine dort aufgestellte Sandsteinfigur hat Ähnlichkeit mit diesem schönen Münzbild, mit dem Landgraf Wilhelm II. an die durch ihre Mildtätigkeit und Frömmigkeit verehrte und in der nach ihr benannten Marburger Kirche bestattete Landgräfin erinnerte. Die für die Gotik so charakteristischen Knitterfalten kommen auch auf einem schönen Taler von 1511 aus Thann vor.

Der Heilige Rudbertus und der Heilige Virgilius tragen auf dem Salzburger Rübentaler von 1504 das Modell des Doms. Unter den Insignien des Bischofs Leonhard von Keutschach sind das Stifts- und das Familienwappen zu erkennen. Die Rübe im Wappen derer von Keutschach gab der Münze den Namen Rübentaler. Nach der Überlieferung hat sich der Bischof 1504 bei einem Besuch in der Münzstätte Hall zu dieser repräsentativen Talerprägung anregen lassen. Weil man in Salzburg jedoch noch nicht die technischen Voraussetzungen und die Erfahrung für die Prägung solch ungewöhnlich großer Münzen besaß, wurden die Rübentaler in Hall hergestellt. Da sie schon immer bei Sammlern sind, hat man sie gelegentlich nachgegossen oder gefälscht. Deshalb sollte man bei Angeboten Vorsicht walten lassen, was natürlich auch für viele andere numismatische Raritäten gilt.

Caspar, Melchior und Balthasar

Neben diesen Stücken aus dem ersten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts sind ausdrucksstarke Repräsentationsprägungen von Kaiser Maximilian I., Kurfürst Friedrich dem Weisen sowie aus dem Bistum Breslau und der Stadt Köln überliefert. Dreikönigstaler oder Ursulataler wird der Kölner Guldengroschen von 1516 in Anspielung an die in der Domstadt besonders verehrten heiligen drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar sowie die Legende heiligen Ursula genannt. Nach der Überlieferung wurden solche Gepräge rund um den Kölner Dom an Pilger verkauft.

Die vor und dann noch für eine Weile nach 1500 geprägten "Urstücke" des Talers besaßen noch keine geldpolitische Bedeutung. Man bezahlte im täglichen Zahlungsverkehr noch mit kleinen Nominalen wie Groschen, Schillingen oder Dicken beziehungsweise bei größeren Beträgen mit Goldgulden oder Edelmetallbarren. Hingegen spielten die frühen Guldengroschen als Mittel zur fürstlichen oder städtischen Repräsentation oder als geprägtes Andenken und Amulett ähnlich den Medaillen eine gewisse Rolle, und so ließen sich die Münzherren einiges kosten, sich auf ihnen mit allen Abzeichen ihrer Macht darzustellen. Dass gelegentlich Doppelstücke und sogar Abschläge auf viereckigen Schrötlingen, die so genannten Klippen, hergestellt wurden, unterstreicht die Rolle, die die Talermünzen als Geschenk- und Verehrpfennige, wie man damals sagte, spielten. Gelegentlich kommen auch Goldabschläge vor, und wenn sie im Handel angeboten werden, erreichen sie exorbitante Preise.

Nach und nach traten spezielle Medaillen an die Stelle der Guldengroschen beziehungsweise Taler. Zunächst gegossen, dann auch in einem aufwändigen Verfahren geprägt, boten Medaillen weitaus mehr Möglichkeiten zur künstlerischen Entfaltung als die massenhaft hergestellten Großsilbermünzen, bei denen bestimmte Abmessungen, Gewichte und Reliefhöhen vorgeschrieben waren. Medaillen aus Gold, Silber, Kupfer und Bronze waren solchen Einschränkungen nicht unterworfen. Allerdings sind die Übergänge zwischen Münzen und Medaillen manchmal fließend. Bewusst gab man Silbermedaillen das Gewicht von Talern oder Doppeltalern. Das hatte den Vorteil, dass man mit ihnen, wenn Not am Manne war, wie mit kurantem Geld bezahlen konnte. Auf diesem Wege gingen zahlreiche Münzen den Weg alles Irdischen. Sammlern bricht es das Herz wenn sie in alten Chroniken lesen, dass Münzaufkäufer durch die Lande zogen, um gute alte Taler zum Zwecke des Einschmelzens aufzukaufen. Das so gewonnene Edelmetall wurde mit Kupfer "gestreckt" und mit vermindertem Feingehalt neu vermünzt. Wir kennen aus den Anfangsjahren des Dreißigjährigen Krieges die Machenschaften der Kipper und Wipper und die berüchtigten Kippermünzen. Im ihrem ersten Leben waren sie vielleicht schöne alte Taler, im zweiten Leben dann Kippertaler oder -groschen fast aus Kupfer mit einem dünnen Silberüberzug.

22. Juni 2021

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