Hammer, Sichel, fünfzackiger Stern
Sowjetrussland prägte vor hundert Jahren seine Rubel und Kopeken mit neuartigem Design



Der Glanz der Gedenkmünzen von Nikolaus II. verdeckt die Tatsache, dass das Zarenreich in einer tiefen Krise steckte und vor dem Abgrund steht. Der Rubel von 1913 feiert das dreihundertjährige Jubiläum des Herscherhauses. Vier Jahre später hatten die Romanows abgewirtschaftet.



Die Geldscheine der Zarenzeit waren mit Gestalten aus der langen Geschichte des Russischen Reichs geschmückt, hier ist Peter der Große auf einem Fünfhundertrubelschein von 1912 zu sehen.



Sowjetrussland brachte Münzen mit neuartigem Staatswappen und dem fünfzackigen Sowjetstern heraus, hier ein Rubel und ein Fünfzigkopekenstück aus dem Jahr 1921.



Die tragbare Medaille mit dem bewaffneten Schmied und dem Sowjetstern im Hintergrund ist dem dritten Jahrestag der Oktoberrevolution gewidmet und wurde am roten Band getragen.



Nach ihrer Etablierung trat die Sowjetunion 1924 mit neuartigem Münzdesign in Erscheinung. Der Arbeiter und Bauer vor der aufgehenden Sonne auf dem Silberubel ist Programm. Das Bild will sagen, dass die das Land von Lenin und Stalin auf dem Weg in eine lichte Zukunft ist.



Über der Botschaft der ehemaligen Sowjetunion beziehungsweise der heutigen Russischen Föderation Unter den Linden in Berlin prangt das aus Sowjetzeiten stammende Staatswappen, das unübersehbar Weltherrschaftsambitionen des Landes von Lenin und Stalin symbolisiert.



Zur Freude von Russlandsammler gibt es von den Zehnrubelstücken aus Gold aus dem Jahr 1923 auch später mit veränderten Jahreszahlen datierte Nachprägungen.



Lenin und Stalin gemeinsam auf einer 1943 für Partisanen gestifteten Medaille.



Viele Münzen der untergegangenen Sowjetunion sind auch heute im Handel und auf Münzmessen, wenn diese endlich mal wieder geöffnet sein werden, erhältlich.





. Die Staatliche Münze in Leningrad, heute Sankt Petersburg, feierte 1974 ihr zweihundertjähriges Jubiläum mit Bronzemedaillen. Auf ihnen sind das Gebäude in der Peter-und-Paul-Festung und der Kathedrale gegenüber sowie einige Erzeugnisse abgebildet. Viele Münzen, Medaillen und Auszeichnungen des Zarenreiches, der Sowjetunion und der Russischen Föderation wurden in dem weitläufigen Komplex hergestellt. (Fotos/Repros: Caspar)

Seit dem frühen 18. Jahrhundert haben die russischen Zaren eine umfangreiche Münzprägung mit zahllosen Ausgaben aus Kupfer, Silber, Gold und ab der Mitte des 19. Jahrhunderts aus Platin entfaltet. Peter der Große, der Gründer von Sankt Petersburg, ging in seiner gewaltsam und rücksichtslosen Art als Um- und Neugestalter seines Landes sowie als Reformer des Münzwesens in die Geschichte ein. Die Münzen und Medaillen des Riesenreiches sind ein dankbares und gut erforschtes, allerdings wegen der vielen Raritäten auch teures Sammelgebiet, für das der Münzhandel viele interessante Stücke bereit hält. Hier folgt, verbunden mit einem Blick auf die Zeit nach 1917, eine Betrachtung darüber, wie sich das Münzdesign nach der russischen Zeitenwende vor über einhundert Jahren verändert hat.

Zar Peters Befehl, dass sich russische Männer den Bart abschneiden lassen und westeuropäische Kleider tragen sollen, wurde zähneknirschend befolgt, denn Widerstand gegen den Selbstherrscher aller Reußen wurde mit Verbannung nach Sibirien oder auf andere Weise rigoros geahndet. Wo immer sich Opposition regte, wurde sie brutal niedergeschlagen. Das war bei den alten Zaren so, und das war nach deren Entmachtung 1917 nicht anders und hat sich heute im Reich des Wladimir Putin prinzipiell nicht verändert, wenn man von den Massenmorden in der Stalinzeit und der Deportation von Millionen Menschen in den "Archipel Gulag" absieht. Nikolaus II. sowie seine Frau und Kinder wurden 1917 ins sibirische Exil geschickt, seine Verwandten auf dem englischen und dem deutschen Thron rührten keinen Finger zu seiner Rettung. Die Zarenfamilie wurde am 17. Juli 1918 in Jekaterinenburg auf Befehl der Bolschewiki ermordet, die sie als potenzielle Gefahr betrachteten. Nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft hat man die damals verscharrten Gebeine in der Kathedrale der Peter- und Paul-Festung in Sankt Petersburg, der Ruhestätte der russischen Zaren, feierlich beigesetzt. Im August 2000 wurden der letzte Zar und seine Familie von der russisch-orthodoxen Kirche als Märtyrer heilig gesprochen.

Im Ersten Weltkrieg (1914-1918) hatte der Zar eine Niederlage nach der anderen hinnehmen müssen. Seinen Armeen fehlte es an erfahrenen Heerführern, modernen Waffen und Munition sowie ausreichender Nahrung und Kleidung. Die Motivation der Soldaten war gering, ihr Leben für "Väterchen Zar" einzusetzen. Die Hiobsbotschaften über gewaltige Verluste an den Fronten beschleunigten die Kriegsmüdigkeit, Hungersnöte und Krankheiten in dem stark agrarisch geprägten Riesenreich waren an der Tagesordnung. Zwar hatte die Geheimpolizei überall ihre Augen und Ohren, und wer aufmuckte, wurde ins Gefängnis gesteckt, nach Sibirien verbannt oder gleich umgebracht. Dessen ungeachtet sammelten sich in politisch unterschiedlich ausgerichteten Lagern Kräfte, die den Umsturz vorbereiteten.

Zarenreich auf tönernen Füßen

Die auf tönernen Füßen stehende, durch und durch korrupte und verdorbene Zarenherrschaft wurde im Februar 1917 fast ohne Gegenwehr gestürzt und in eine bürgerliche Republik umgewandelt. Im gleichen Jahr errichteten Wladimir Iljitsch Lenin und seine Genossen durch die Oktoberrevolution eine bolschewistische Diktatur. Deutschland unterstützte diese Entwicklung insgeheim, weil mit dem Zarenreich ein wichtiger, wenn auch angeschlagener Kriegsgegner ausfiel. Die Macht teilten sich nach der Februarrevolution 1917 und der Absetzung des Zaren zunächst eine von Adligen und Großbürgern geführte Provisorische Regierung unter der Leitung von Alexander Fjodorowitsch Kerenski und der Petrograder (Sankt Petersburger) Sowjet der Arbeiter- und Soldatendeputierten. Die bürgerliche Regierung ließ kostbare Zeit verstreichen, um die vom Volk ersehnten Reformen anzupacken und den Krieg zu beenden, und setzte weiterhin auf Abwarten, Hinhalten und Aussitzen. Nach seiner Rückkehr aus dem Exil trat Lenin auf den Plan. Der Führer der Bolschewiki verlangte das sofortige Ende des Krieges sowie die Enteignung der Grundbesitzer und die Kontrolle der Fabriken durch die Sowjets und erreichte damit große Zustimmung. Im sich anschließenden Bürgerkrieg kamen unzählige Menschen ums Leben, und wer sich dem neuen Regime entgegen stellte, wurde kurzerhand umgebracht.

Nach der Oktoberrevolution 1917 war Josef Stalin als Volkskommissar für Nationalitätenfragen Lenins Mann fürs Grobe. Indem er gewaltsam mit Hilfe der Roten Armee und des Geheimdienstes die von Russland abgefallenen Kaukasusvölker in den sowjetischen Herrschaftsbereich eingliederte und oppositionelle Kräfte liquidierte, machte er sich Lenin unentbehrlich. Stalin stieg in der Parteihierarchie auf, wurde 1922 Generalsekretär des ZK der KPdSU und arbeitete unermüdlich an der Stärkung seiner Machtposition mit dem Ziel, die Nachfolge des erkrankten Lenin anzutreten. Durch Intrigen und falsche Beschuldigungen verloren Mitwisser und Rivalen ihre Partei- und Regierungsämter und vielfach auch ihr Leben. Lenin beobachtete die Entwicklung seines früheren Schützlings mit Sorge. In einem Brief von 1922 an den Parteitag bezweifelte Lenin, ob Stalin in der Lage ist, die in seiner Hand konzentrierte ungeheure Machtfülle mit genügender Vorsicht anzuwenden. "Stalin ist zu schroff, und dieser Fehler [...] ist in dem Amt des Generalsekretärs untragbar", schrieb Lenin und forderte für den Posten des Generalsekretärs einen Menschen, "der geduldiger, loyaler, höflicher, aufmerksamer gegenüber den Genossen und weniger launenhaft ist".

Josef Stalin, dem der Spruch "Ein Mensch ein Problem, kein Mensch kein Problem" nachgesagt wird, unterdrückte Lenins Warnungen. Er ließ sich als Nachfolger des 1924 erstorbenen Parteiführers feiern und bereitete diesem ein prunkvolles Staatsbegräbnis. Lenins mühevoll konservierter Leichnam wurde in einem eigens an der Moskauer Kremlmauer errichteten Mausoleum aufgebahrt. Als Stalin 1953 starb, stellte man seinen Sarkophag an Lenins Seite, entfernte ihn aber wenige Jahre später, nachdem langsam, sehr langsam ans Tageslicht kam, wer der "Stählerne" wirklich war. Die Welt hielt 1956 den Atem an, als die Verbrechen des Massenmörders bekannt wurden. Schauprozesse mit blutigem Ausgang

Nach Lenins Tod schwang sich Stalin zum Alleinherrscher auf, zu einem roten Zaren, der nach und nach alle seine Konkurrenten ausschaltete und jegliche innerparteiliche Opposition unterdrückte. Zugleich spielte er sich als Vollstrecker der Leninschen Politik auf, ließ sich als "Lenin von heute" feiern und schwor, in seinem Sinne dem Sozialismus und Kommunismus im "Vaterland aller Werktätigen", wie man sagte, und darüber hinaus auf der ganzen Welt zum Sieg zu verhelfen. Rund 20 Jahre nach dem Ende der Zarenherrschaft rechnete Stalin mit ehemaligen Kampfgefährten blutig ab. Vor Beginn einer Serie von Schauprozessen standen die Urteile standen schon fest, als im August 1936 in Moskau ein erstes Verfahren gegen hohe Parteifunktionäre eröffnet wurde. Generalstaatsanwalt Andrej Wyschinski warf den ehemaligen Funktionären Terrorakte gegen die Führer der KPdSU und die Sowjetregierung, die Ermordung von Stalin und weiterer hoher Politiker, Spionage im Auftrag imperialistischer Staaten vor. Der Chefankläger beschimpfte die Angeklagten als "Lügner, Clowns, elende Pygmäen, Möpse und Kleffer, die sich über den Elefanten erbosten" und schloss seine Anklagerede ganz im Sinne von Stalin mit den Worten: "Ich fordere, dass diesen tollgewordenen Hunde allesamt erschossen werden!" Die Schauprozesse von 1936 und den folgenden Jahren waren der Auftakt einer Verfolgungs- und Mordwelle ohnegleichen, und wäre Stalin nicht am 5. März 1953 gestorben, hätte er weitere Prozesse veranstalten lassen. Alles war schon vorbereitet.

Altes Geld und neues Wappen

Über Jahrhunderte waren die Zaren auf russischen Münzen und Medaillen mit ihrem Bildnis, dem doppelköpfigen Adler sowie Krone, Zepter, Reichsapfel und den Insignien des Sankt-Andreas-Ordens präsent. Im 19. Jahrhundert wurde mit der Prägung von Gedenkmünzen begonnen. Die letzten Ausgaben dieser Art aus den Jahren 1912 bis 1914 feierten die Vertreibung der unter Befehl des französischen Kaisers Napoleon I. stehenden Franzosen und ihrer Verbündeten aus dem eisigen Russland im Jahr 1812, das dreihundertjährige Bestehen der Dynastie Romanow 1913 sowie die Seeschlacht von Gangut (Hanko) im Jahr 1714, in der die Kriegsflotte Peter des Großen über die Schweden siegte.

Nach der Entmachtung von Nikolaus II. und der Gründung des Sowjetstaates hat man noch mit altem Geld bezahlt, aber es wurden dringend Münzen und Banknoten mit neuem Design gebraucht. Wir kennen die Umstellung aus der Zeit nach der Französischen Revolution von 1789, wo auf Münzen und Medaillen mit dem Kopf von Ludwig XVI. und sein Lilienwappen patriotischen und republikanischen Geist fördernde Bilder und Inschriften folgten. Nach dem Ersten Weltkrieg in Republiken verwandelte Länder wie das Deutsche Reich und Österreich legten sich ebenfalls neue Wappen, Münzen und Banknoten ohne monarchische Symbole zu.

Erst 1921 kamen Münzen und auch geprägte Auszeichnungen mit neuartigen Bildern heraus. Auf den Rubelstücken sieht man einen Bauern und einen Arbeiter als Symbolfiguren der neuen Arbeiter-und-Bauern-Macht vor der aufgehenden Sonne, und auf den Halbrubelstücken ist ein Schmied bei der Arbeit am Amboss zu erkennen. Kombiniert sind die Bilder mit dem neuen Sowjetwappen. Es besteht aus einem Hammer und einer Sichel auf dem Globus, über dem der fünfzackige Sowjetstern schwebt. Das von einem Ährenkranz umgebene Wappen will sagen, dass eines Tages die Sonne des Sozialismus und Kommunismus über der ganzen Welt aufgehen wird. Die Zahlen im fünfzackigen Stern auf den Rubel- und Fünfzig-Kopeken-Stücken geben den jeweiligen Wert an. Die ins Deutsche übersetzte Umschrift "Proletarier aller Länder, vereinigt euch" ist ein Zitat aus dem Kommunistischen Manifest von Karl Marx und Friedrich Engels aus dem Jahr 1848.

Das 1924 veränderte Münzdesign berücksichtigte die Tatsache, dass sich Sowjetrussland zur Union der sozialistischen Sowjetrepubliken gewandelt hatte. Das geschah nicht auf friedlichem Weg, sondern durch Okkupation benachbarter Länder und gegen den Willen vieler Bewohner. Zu den Silbermünzen traten ab 1924 Kupferstücke in Werten von fünf, drei, zwei und einer Kopeke. Die Buchstaben unter dem Staatswappen PC?P sind die Abkürzung für Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik. Sie gehörte zu den Gründungsstaaten der Ende 1922 konstituierten Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (russisch CCCP oder deutsch UdSSR). Nach deren Auflösung im Dezember 1991 heißt der heute diktatorisch von Wladimir Putin regierte Nachfolgestaat Russische Föderation.

Sammler werden einige Mühe haben, die vielen Kurs- und Gedenkmünzen aus Sowjetzeiten und danach zu bekommen. Viele kommen wegen der langen Umlaufzeiten abgegriffen vor, weshalb exzellente Erhaltungen gut bezahlt werden. Im Münzhandel, auf Auktionen und in Münzbörsen steht ein breites Angebot zur Verfügung. Außer den Rubel- und Kopekenwerten prägte Sowjetrussland 1923 Goldmünzen im Wert von zehn Rubeln. Die so genannten Tscherwonzen mit einem säenden Bauern und dem Wappen mit Hammer und Sichel wurden nur kurze Zeit vor allem zur Bezahlung von Rechnungen im Ausland hergestellt. In späten Sowjetzeiten hat man diese seltenen Goldstücke mit neuen Jahreszahlen nachgeprägt. Über sie konnten sich jene Münzsammler freuen, für die die Raritäten von 1923 unerreichbar waren.

Diktatur des Proletariats

Die Münzbilder lassen nicht erkennen, dass die Gründerväter der Sowjetunion und ihre Helfer bei der Errichtung ihrer Diktatur des Proletariats blutig vorgingen. Auf ihrem Schuldkonto stehen Millionen zu "Volksfeinden" abgestempelte Menschen, die elend in den Arbeitslagern oder durch die Erschießungskommandos der Geheimpolizei umkamen. Riesengroße Verluste erlitt die Bevölkerung durch Hunger und Krankheiten sowie bei Deportationen in entlegene Gegenden. Doch verstanden es Lenin und Stalin, sich zuhause und in weiten Teilen der Welt als diejenigen darzustellen, die einen Staat der Zukunft auf einem Sechstel der Erde aufbauen und keine Rücksicht auf Reaktionäre, Konterrevolutionäre und Störer nehmen können. Auch ist den Münzen und Medaillen der Sowjetunion nicht zu anzusehen, dass ihr viele Regionen gewaltsam einverleibt wurden. Zuletzt wurden 1939/40 aufgrund eines unmittelbar vor dem Zweiten Weltkrieg abgeschlossenen Geheimabkommens zwischen Hitler und Stalin die baltischen Republiken Litauen, Lettland und Estland sowie nach Kriegsende weite Teile Polens der Herrschaft Stalins unterworfen. Erst nach dem Zerfall der Sowjetunion 1990/91 konnten sich die baltischen Staaten von Moskau lösen. Die Kurs- und noch mehr die Gedenkmünzen spiegeln so etwas wie Harmonie zwischen Führung und Volk vor und tun so, als würden das Land und die ganze Erde unaufhaltsam in eine bessere, kommunistische Zukunft gehen.

Es versteht sich, dass Wladimir Iljitsch Lenin immer wieder durch Gedenkmünzen, Medaillen und Orden mit seinem Bildnis geehrt wurde. Anlässe für die Herausgabe fanden sich zur Genüge - Lenin-Geburtstage ebenso wie Jahrestage der Oktoberrevolution und der Staatsgründung. Hinzu kommen Medaillen und Orden mit dem Bildnis von Stalin, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg als der wahre Sieger über den Hitlerfaschismus inszenierte und so auch in der DDR verehrt wurde. Dort hat man allerdings Gedenkmünzen ihm zu Ehren nicht geschlagen, das blieb 1949 der damaligen, Stalin und seinem System besonders treu ergebenen Tschechoslowakischen Republik vorbehalten, als im gesamten Ostblock hymnisch der 70. Geburtstag des Diktators gefeiert wurde.

Als die sowjetische Regierung erkannt hatte, dass sie mit Gedenkmünzen aus Silber, Gold, Platin, Palladium und anderen im Lande reichlich vorhandenen Edelmetallen die begehrten Westdevisen erwirtschaften kann, begann eine Flut von Prägungen dieser Art, auf denen Ereignisse und Gestalten der russischen Geschichte gefeiert werden. Selbst gut betuchte Spezialsammler haben Mühe, die bis heute sintflutartig auf den Markt geworfenen Prägungen zu registrieren, geschweige denn käuflich zu erwerben.

Zarenadler wieder en vogue

Bliebe noch zu erwähnen, dass nach dem Ende der Sowjetmacht das Wappen der Russischen Föderation verändert wurde. Hammer und Sichel auf dem Erdball und ganz allgemein der Alleinvertretungsanspruch des Kommunismus für die ganze Welt waren nicht mehr gefragt. Seit 1991/2 schmückt sich die Staatsmacht mit dem alten doppelköpfigen Zarenadler, anfangs ohne Krone, Zepter und Reichsapfel und seit einigen Jahren mit diesen Insignien. Die neuerliche Verwendung der 1917 überwundenen Herrschaftszeichen aus der Zarenzeit ist ein Treppenwitz der Geschichte, denn es schmückt sich mit ihnen immerhin eine Republik und keine Monarchie. Offensichtlich will die heutige Russische Föderation mit diesem Rückgriff imperiale Ansprüche unterstreichen und unter Ausblendung all der schrecklichen Verbrechen die alte Zarenherrlichkeit neuen Glanz auf sich lenken. Dem entsprach übrigens auch die goldstrotzende Renovierung des Moskauer Kreml als Sitz des Präsidenten Putin und der Staatsführung, während auf der anderen Seite in und außerhalb der russischen Hauptstadt wertvolle Bau- und Kunstdenkmäler einem ungebremsten Erneuerungswahn zum Opfer fielen.

Warum sich das offizielle Staatswappen der Insignien der 1917 überwundenen Zarenherrschaft bedient, lässt sich nur schwer erklären. Wahrscheinlich soll die Übernahme unterstreichen, dass Russland eine Großmacht mit langer, die ganze Zarenzeit umfassenden Tradition ist und im Konzert der Staaten eine nicht zu überhörende Stimme hat. Dass westliche Staaten, allen voran die USA, Russland nach dem Ende der Sowjetherrschaft "von oben" herab behandelten und dies auch heute tun, dürfte ein wichtiger Grund für Moskauer Muskelspiele und Okkupationsgelüste einschließlich der "Rückgewinnung" der Krim sein. Wer im Lande des Wladimir Putin opponiert, kommt ins Gefängnis oder Arbeitslager und muss ein elendes Außenseiterdasein führen. Dass sich aber immer wieder Menschen finden, die dies im Interesse der Freiheit und Demokratie auf sich nehmen, verdient Bewunderung und Unterstützung.

Viele russische und sowjetische Münzen wurden in Sankt Petersburg geprägt. Die zu Beginn des 18. Jahrhunderts von Peter dem Großen gegründete Metropole an der Newa hieß im Ersten Weltkrieg Petrograd, weil man den deutschen Namen nicht mehr hören wollte, nannte sich von 1924 bis 1991 nach dem Staatengründer Lenigrad und trägt seither wie schon in der Zarenzeit den Namen Sankt Petersburg. Zu ihrem 250. Gründungsjubiläum 1974 brachte die Leningrader Münze ansehnliche Medaillen heraus, die in das Sammelthema "Numismatica in nummis" gehören. Die Ansichten des Hauptgebäudes mit dem sowjetischen Staatswappen im dreieckigen Giebel sind auf den Rückseiten mit Münzen, Medaillen und Orden verbunden, die in der Geldfabrik im Bereich der Peter-und-Paul-Festung produziert werden. Ganz klein eingeprägt ist das Signet der Fabrik. Die Medaillen sind interessante Zeugnisse der russischen Münz- und Medaillengeschichte und demonstrieren eindrucksvoll die Leistungskraft der dort beschäftigten Künstler und Techniker und der ihnen zur Verfügung stehenden Maschinen zur Metallverarbeitung und sowie Münz- und Medaillenprägung.

17. März 2021

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