"Gerechtigkeit und Milde"
Kaiserin Maria Theresia war eine prägefreudige Herrscherin, ihre Münzen wurden jetzt neu katalogisiert



Ein prachtvolles Deckengemälde des italienischen Malers Gregorio Guglielmi in der Großen Galerie des Wiener Schlosses Schönbrunn verherrlicht den Wohlstand und das Wohlergehen der Monarchie unter der Herrschaft der Kaiserin Maria Theresia. Das figurenreiche Fresko von 1760 zeigt sie und ihren Gemahl Kaiser Franz I. Stephan und schildert, wie Münzen auf der Spindelpresse geprägt werden und die Bedeutung gut geordneter Geldverhältnisse.



Die Bildnispatrize und ein Vorderseitenstempel eines Maria-Theresien-Talers von 1780 ohne die Signatur S.F. für den Günzburger Münzmeister Tobias Schöbl und den Wardein Josef Faby zeigt das Münzkabinetts im Wiener Kulturhistorischen Museum.



Die in Kremnitz, kenntlich an den Buchstaben KB für die damals zu Ungarn gehörende Stadt Körmöcbánya, und an anderen Orten in großer Zahl geprägten Madonnentaler der Maria Theresia sind beliebte Sammelstücke.



Die mit dem römisch-deutschen Kaiser Franz I. Stephan vermählte Kaiserin und Königin Maria Theresia kümmerte sich intensiv um das Geld- und Münzwesen ihrer Länder. Medaillen anlässlich ihrer Besuche in Prägeanstalten und zur Belohnung der dort tätigen Personen verbinden ihr Porträt mit Arbeitern, die an Spindelpressen tätig sind und allegorischen Figuren.



Der in Antwerpen geprägte Ducaton (Taler) von 1753 zeigt auf der Rückseite ein gekröntes vierfeldiges Wappen mit dem Herzschild von Österreich-Burgund. Die Randschrift gibt mit JUSTITIA ET CLEMENTIA das Lebensmotto der Kaiserin wieder.



Das Deckengemälde in der früheren Münze im Günzburger Schloss schildert mit einer barocken Allegorie, wie sich niedliche Putten an einer Spindelpresse zu schaffen machen.



Mit den Signaturen der Münzbeamten Schöbl und Faby versehen, wurden unzählige Maria-Theresien-Taler leicht variierend zwischen 1780 und 1805 in Günzburg geprägt. In anderen Städten hergestellte Silberstücke haben diese Buchstaben weiter verwendet oder auf sie verzichtet.



Das Dreißig-Kreuzer-Stück von 1776 wurde in Wien für das bei den Polnischen Teilungen an Österreich gefallene Kronland und Königreich Galizien und Lodomerien geprägt.



Die am Mittelmeer gelegene Republik Ragusa (heute Dubrovnik in Kroatien)ließ für den Levantehandel Silbermünzen nach dem Vorbild der Taler mit dem Brustbildnis österreichischen Kaiserin prägen, konnte aber mit ihnen nicht konkurrieren. Fotos/Repros: Caspar)

Kaiserinnen, Königinnen und Fürstinnen auf geprägtem Metall kann man an zwei Händen abzählen. Zu nennen sind die Zarinnen Katharina I., Anna, Elisabeth und Katharina II., die Große. In die Serie gehören englische Königinnen, von denen die 1901 verstorbene Victoria auch Kaiserin von Indien war, und Elizabeth II. in zahlreichen Sammlungen vertreten ist. Hinzu kommen die Königinnen der Niederlande sowie von Schweden, Spanien, Portugal und weiteren Staaten. Ihre Münzen als Belege dafür zu sammeln, dass Frauen das Zepter schwangen, wenn auch gegenüber gekrönten Männern in deutlich geringerer Zahl, ist lohnenswert, aber nicht einfach, weil viele Stücke selten sind. Das kann man von vielen Münzen und Medaillen der österreichischen Erzherzogin Maria Theresia, ihres Zeichens römisch-deutsche Kaiserin sowie Königin von Ungarn und von Böhmen, nicht behaupten. In großer Zahl erhalten, sind sie beliebte und gut erforschte Sammelstücke, für die neue Kataloge vorliegen.

In dem Buch von Tassilo Eypeltauer "Corpus Nummorum Regni Mariae Theresiae - Die Münzprägung der Kaiserin Maria Theresia und ihrer Mitregenten Kaiser Franz I. und Joseph II. 1740-1780" (Basel 1973) und in anderen Publikationen finden Sammler alle erreichbaren österreichischen Münzen aus dieser Periode samt Erläuterungen zur Münz- und Geldgeschichte der zum Habsburgerreich gehörenden Länder. Jetzt hat sich der Salzburger Münzhändler und Verleger Winfried Frühwald erneut mit den zwischen der Thronbesteigung der Monarchin 1740 und ihrem Tod 1780 in 15 österreichischen und ausländischen Münzanstalten geprägten Geldstücken beschäftigt und in einem neuen, exzellent auch mit Ansichten der an den Emissionen beteiligten Städte illustrierten Katalog publiziert. Das Buch "Die Münzen der Regentin Maria Theresia 1740-1780"erschien 2020 im Verlag Frühwald Salzburg, hat 356 Seiten, zahlreiche Abbildungen und kostet 59 Euro (ISBN 978-3-9504013-3-2).

In enormen Stückzahlen produziert

Winfried Frühwald stützt sich auf umfangreiche Untersuchungen früherer Autoren wie Tassilo Eypeltauer und Ludwig Herinek und stellt deren Nummerierungen den eigenen gegenüber. Ohne näher auf die Münz- und Geldgeschichte der vor allem von den Schlesischen Kriegen mit Preußen, aber auch auf die vom Geist der Aufklärung geprägten Reformanstrengungen unter Maria Theresia einzugehen, steigt Frühwald sofort in das Thema ein und listet die mit JUSTITIA ET CLEMENTIA (Gerechtigkeit und Milde), dem Lebensmotto der Kaiserin, versehenen Sorten auf. Sie wurden in mehreren Münzstätten von Wien, Hall und Günzburg bis nach Prag, Kremnitz, Antwerpen, Brüssel, Mailand und Mantua und an weiteren Orten geprägt. Der Verfasser nennt die Prägemengen, soweit sie sich ermitteln ließen, und gibt nach Erhaltungraden und Münzstättenzeichen gestaffelte Schätzpreise an. Beschrieben werden Münzbilder und Wappen, und auch die Um- und Randschriften sowie die beteiligten Münzbeamten und ihre Signaturen hat der Verfasser exakt wiedergegeben.

Erstaunlich ist, wo überall Münzen mit dem Bildnis der Kaiserin und Königin geprägt wurden. Es müssen enorme Stückzahlen gewesen sein, denn es mussten vielfältige Ausgaben des Staates zur Verbesserung der Infrastruktur der Monarchie, wie wir heute sagen würden, für die kaiserliche Hofhaltung, den Beamtenapparat und das stehende Heer, aber auch für die Kriege mit Preußen um die schlesischen Provinzen und viele andere Aufgaben finanziert werden. Um all diese Dinge kümmerte sich das Herscherpaar persönlich. Franz I. Stephan und Maria Theresia waren sich nicht zu schade, einige ihrer Geldfabriken zu besuchen und dies der Welt auch durch Medaillen kundzutun sowie dort tätige Personen mit Preismedaillen auszuzeichnen. Diese in die Kategorie "Numismatica in nummis" fallenden Medaillen bilden ein eigenes Sammelgebiet, für das der Handel immer wieder Belege bereit hält.

Nach Münzstätten gegliedert

Seine übersichtlich nach Münzstätten und dort von den Goldmünzen einschließlich der Ausgaben im Wert von mehreren Dukaten bis hinunter zu kleinsten Werten gegliederten Untersuchungsergebnisse stellt Frühwald unter den Vorbehalt, für die Richtigkeit, Genauigkeit und Vollständigkeit nicht einstehen zu können, denn das von ihm erfasste Material und die Bewertungen unterliegen aufgrund weitergehender Forschungen vielfältigen Veränderungen. So ist auch künftig mit neuen Erkenntnissen und unbekannten Stempelvarianten zu rechnen, und was heute so eingestuft wird, kann schon morgen anders taxiert werden. Wir kennen dies auch bei anderen Münzgruppen und Ländersammlungen und stellen uns darauf ein, dass spätere Untersuchungen neues Wissen ergeben werden.

Eine der erfolgreichsten Silbermünzen der Neuzeit war der in Günzburg und anderen Münzstätten geprägte Maria-Theresien-Taler (MTT). Von dieser hochwertigen Münze mit der Jahreszahl 1780 stammen allerdings die wenigsten aus dem späten 18. Jahrhundert. Die meisten sind, da man sie immer wieder nachgeprägt hat, viel jünger. Ein Deckengemälde im Günzburger Schloss stellt ähnlich wie in der Großen Galerie des Schlosses Schönbrunn in Wien eine Spindelpresse dar, allerdings sind nicht ausgewachsene Männer beim Prägen zu sehen, sondern niedliche Putten, wie man sie in der Zeit des Barock und des Rokoko so liebte. Die lateinische Inschrift unter der Günzburger Szene besagt, dass sich der Erdkreis auf die Münzpräger und alle anderen stützt, die mit Fleiß und Kunstfertigkeit die materiellen Reichtümer schaffen. Eine lateinische Bauinschrift nennt darüber hinaus Maria Theresia eine "fromme, glückliche, erhabene Mutter des Vaterlandes, die Wiederherstellerin des Metall- und Münzwesens". Sie habe die Errichtung dieser Münzstätte "als Zeugnis ihrer Majestät, zur Förderung der Vorteile des öffentlichen Wohlstandes in diesem altehrwürdigen Sitz der Markgrafschaft Burgau besorgt".

Günzburg wurde 1805 geschlossen

Dass die Günzburger Münzstätte Ende 1805 ihre Arbeit einstellen musste, hängt mit dem dritten Koalitionskrieg Englands, Österreichs, Russlands, Schwedens und anderer Staaten gegen Frankreich und das mit ihm verbundene Spanien und einige süddeutsche Staaten zusammen. Ziel der antinapoleonischen Koalition war die Wiederherstellung des europäischen Gleichgewichts und die Zurückdrängung des französischen Einflusses. Der Plan ging schief, denn in der Dreikaiserschlacht von Austerlitz am 2. Dezember 1805 erlitten die österreichischen und russischen Truppen eine schwere Niederlage. Der zu Weihnachten 1805 geschlossene Frieden von Pressburg nötigte Österreich zu erheblichen Gebietsabtretungen. So fiel die Markgrafschaft Burgau und mit ihr die nach neuestem Know-how eingerichtete Münzstätte zu Günzburg an Bayern, dessen Kurfürst Maximilian Joseph gerade König geworden war. In München hatte man kein Interesse an der Weiterführung der Münzstätte, sondern am Ausbau der Prägeanstalt in München. Sie profitierte von der Schließung der Anstalt im fernen Günzburg, die in Gestalt der mit S.F. (Münzmeister Schöbl und Kassierer Faby) von 1780 signierten Maria-Theresien-Taler weiter lebt.

Die bekannten und beliebten Maria-Theresien-Taler mit der Jahreszahl 1780 hatten Vorläufer in Gestalt der Madonnentaler und anderer Großsilbermünzen, doch es fällt auf, dass unter Franz I. Stephan und Maria Theresia kaum Gedenkmünzen geprägt wurden. Wir kennen das auch von anderen Monarchien wie Frankreich, England, Russland oder Preußen, wo man auf Gedenkmünzen verzichtete und statt ihrer zahllose Medaillen ausgegeben hat. Anfangs in Günzburg, Wien und Prag geprägt, konnten sich die Maria-Theresien-Taler wegen ihrer gleich bleibenden Qualität und ihres guten Aussehens gegen starke Konkurrenten über lange Zeit als Handelsmünze für den Orient und darüber hinaus behaupten. Die mit dem Sterbejahr 1780 der Kaiserin versehene Silbermünze war bis 1858 in Österreich offizielles Zahlungsmittel, klingelte aber auch lange danach in den Kassen und Geldbeuteln des Vielvölkerstaates.

Überall als Zahlungsmittel beliebt

Mit dieser hochwertigen, in und außerhalb Österreichs umlaufenden Silbermünze hat sich Walter Haffner in seinem Lexikon "Maria Theresien-Taler 1780" beschäftigt, das 2016 ebenfalls im Frühwald-Verlag Salzburg erschien, reich illustriert ist, 102 Seiten hat und 29 Euro kostet. Insgesamt dürfte sich die Menge der in mehreren in- und ausländischen Geldfabriken hergestellten Silberstücke auf mehrere hundert Millionen Stück belaufen. Allein für Wien wurde eine Gesamtauflage von 250 Millionen Stück errechnet. Da große Mengen in den von der Türkei beherrschten Orient, die Levante, gelangten, erhielt die Münze mit dem Bildnis der Monarchin auf der Vorderseite und dem Doppeladler des Römisch-deutschen Reichs auf der Rückseite den Namen Levantetaler. In vielen Staaten Afrikas und Asiens war das hochwertige Geldstück lange Zeit ein beliebtes Zahlungsmittel und diente auch der Schatzbildung. Man nannte es Vater des Vogels, Vater der Perlen oder Schwarzen Taler. Dieser Name soll daher kommen, dass das Silber im Laufe der Jahre unansehnlich wurde und dunkel anlief. Das aber das wurde als besonderes Alters- und Echtheitsmerkmal angesehen, weshalb man in manchen Regionen die frisch geprägten, hell glänzenden Stücke künstlich patiniert hat. Walter Hafner kennt sämtliche Varianten des Maria-Theresien-Talers und listet in seinem Katalog geringfügige Stempelabweichungen und unterschiedliche Münzbuchstaben auf, die auf unterschiedliche Herkunftsorte und Münzbeamte weisen. Aus solchen Details lässt sich ableiten, wann ein bestimmtes Stück entstanden ist.

Winzige Abweichungen vom Original

Geprägt wurden die Maria-Theresien-Talers in verschiedenen österreichischen, aber auch in ausländischen Münzstätten, so in Birmingham, Bombay, Brüssel, Günzburg, Hall, Karlsburg, Kremnitz, London, Mailand, Paris, Prag, Wien, Venedig und an anderen Orten. Die stark verbreiteten Günzburger Exemplare tragen auf der Vorderseite die Signatur SoFo für die Münzbeamten Schöbl und Faby. Als die Günzburger Münze 1805 geschlossen wurde, setzten andere Städte die Prägung fort. Die Ausgaben werden nach der Art und dem Perlenbesatz der Brosche und des Diadems, nach der Gestaltung der Krone, der Wappenschilder und des Andreaskreuzes auf der Rückseite, nach der Randschrift und vielen anderen Merkmalen bis hin zu den Federn des Adlers unterschieden.

Walter Hafner schildert ausführlich, wie es zur Prägung des Talers kam, wo und von wem er hergestellt und wo er verbreitet war. Um zu gewährleisten, dass das Porträt, der Doppeladler und die Schriften angesichts der vielen verwendeten Münzstempel stets gleichbleibend sind, hat man in Wien so genannte Richtstempel hergestellt und diese an andere Geldfabriken geschickt. Dennoch ließen sich geringe, für den Forscher aber zur Bestimmung der Herkunftsorten und Prägezeiten wichtige Abweichungen nicht vermeiden. Er weist darauf hin, dass im Zweiten Weltkrieg, als Österreich ein zum Deutschen Reich gehörendes Feindesland war, der Taler von Hitlers Gegnern nicht mehr aus Wien bezogen wurde. Da er aber zum Bezahlen benötigt wurde, hat man ihn an anderen Orten ohne Genehmigung, aber mit dem traditionellen Standard nachgeprägt. Der Katalog erwähnt immense Mengen, die in den Nahen Osten und nach Afrika geliefert wurden. Nach Angaben einer Wiener Spedition gelangten 1926/7 binnen eines halben Jahres 2,47 Millionen Stück nach Aden, 1,875 Millionen nach Bombay, 1,160 Millionen nach Djibuti, um die größten Posten zu nennen.

Gibt es sowjetische Nachprägungen?

Hafner zitiert an anderer Stelle einen Beitrag von Dr. Karl Rau aus dem Jahr 1965, als noch Kalter Krieg war, wonach die Sowjetunion die MTT nachgeprägt haben soll oder noch nachprägt. Der nicht näher bekannte Verfasser vergleicht die illegalen Nachprägungen mit den Fälschungen von britischen Pfundnoten im Konzentrationslager Sachsenhausen auf Befehl der SS. Dazu teilte Franz Artmüller von der Münze Österreich im Juli 2021 auf meine Anfrage mit, dass ihr solche Aktivitäten nicht bekannt sind. Wohl aber habe es ungenehmigte Nachprägungen der beliebten Silbermünzen gegeben. "Mir persönlich ist eine nicht autorisierte Prägung von Maria-Theresien-Talern durch die Sowjetunion nicht bekannt. Sehr wohl jedoch Prägungen aus Bombay, Mailand, London etc.

All diese nicht autorisierten Nachprägungen haben ihren Ursprung im jeweiligen Kriegsgeschehen und der Tatsache, dass in weiten Teilen Arabiens und Nordafrikas die Echtheit und Unverfälschtheit der MTT auf Grund der Randprägung angenommen wurde - heute sind wir eines Besseren belehrt. Feindliche Mächte benötigten damals MTT zur Bezahlung der Söldner und zum Handel in den Regionen", schreibt Franz Artmüller. Heute würde er Fälschungen eher im chinesischen Raum ansiedeln, auf Grund des geringen Wertes der Taler sei das Geschäft aber nicht sehr lukrativ. Für rund 28 Euro könne man in der Wiener Münze eine "echte" Nachprägung in einer informativen Blisterverpackung erwerben.

Originale und Nachahmungen

In der Münzgeschichte kann man beobachten, dass bewährte Bilder auf Geldstücken nach langer Zeit neu belebt wurden. Die Gründe dafür waren vielfältig, vor allem dass man vom Erfolg beliebter Nominale anderer Staaten profitieren wollte und sie ähnlich wie dieses gestaltete. Zu beobachten ist das etwa bei niederländischen Dukaten mit dem stehenden Ritter auf der Vorderseite und der Schrifttafel auf der Rückseite, die auch außerhalb ihrer Heimat fleißig bis in unsere Tage nachgeprägt werden. Da es kein Copyright auf das Design gab, nahm kaum jemand an dieser Praxis Anstoß. Es hat nicht an Versuchen gefehlt, die Beliebtheit des Maria-Theresien-Talers, dessen massenhafte Prägung für Österreich und andere Länder beachtlichen Gewinn einbrachte, auszunutzen und mit ähnlich gestalteten Stücken Profit zu machen. So gaben die an der Adria gelegenen Stadtstaaten Venedig und Ragusa Silbermünzen heraus, auf denen statt der Kaiserin nicht minder üppig geformte Stadtgöttinnen erscheinen. Und auch Italien schmückte Silberstücke in der Art des Maria-Theresien-Talers mit dem Brustbild der Italia als Symbolfigur des Landes. Allen Mühen zum Trotz konnten diese Münzen mit den originalen Maria-Theresientalern, ob sie aus dem 18. Jahrhundert oder aus späterer Zeit stammten, nicht konkurrieren.

Durch Einschlag kleiner runder oder eckiger Stempel mit Wappen, Buchstaben, Jahreszahlen oder Wertangaben hat man in alten Zeiten, aber auch noch fast in der Gegenwart fremde Münzen zu eigenen gemacht und so für den Umlauf oft weit weg vom Herstellungsort entfernt zugelassen. Oft war es der Mangel an eigenem Geld in Kriegs- und Krisenzeiten oder bei Belagerungen, der Fürstentümer und Städte zum Einschlag von Gegenstempeln zwang. Geldstücke mit diesen Kontermarken sind ein beliebtes Sammelgebiet, und der Handel bietet regelmäßig diese Stücke an. Sie erinnern daran, dass man kein Problem hatte, fremdes Geld zu eigenem zu machen und mit ihm Geschäfte zu tätigen. Wenn man etwa im Mittelalter die hochwertigen Prager Groschen oder Meißner Groschen mit einer oder mehreren Kontermarken zeichnete, sparte man sich teure Herstellungsverfahren, denn es zählte das Metall und weniger, wer sich auf ihm verewigte. Man musste nur beachten, dass die fremden Münzen den eigenen in Schrot und Korn entsprechen, also eine ähnlich gute Legierung aufweisen und auch im Gewicht gleich sind.

Dass das Verfahren weit verbreitet war, zeigen noch erhaltene Münzen mit Gegenstempelungen sowie Geldstücke, die bei archäologischen Funden ans Tageslicht treten. Bei der Betrachtung und Bewertung von Gegenstempeln ist zu beachten, dass diese manchmal in betrügerischer Absicht und um auf ein Stück aufzuwerten nachträglich eingeschlagen wurden und werden. Man musste nur ein altes Geldstück, etwa einen Maria-Theresien-Taler, hernehmen und dort eine neu angefertigte Punze einschlagen und bekam eine numismatische Besonderheit. Allerdings sind solche Veränderungen zumeist schnell zu erkennen. Um ganz sicher zu sein, ob es sich um eine echte und alte Markierung handelt, sollten fragliche Stücke bei Münzhändlern oder in Münzkabinetten zur Prüfung vorgelegt werden oder im Buch von Walter Hafner identifiziert werden, wenn es Unklarheiten bei Maria-Theresien-Talern mit Kontermarken gibt.

2. August 2021

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