"König der Vandalen"
Historisch belasteter Titel schwedischer Herrscher wurde im 19. Jahrhundert abgeschafft







Von dem stolz von Gustav II. Adolf und seinen Nachfolgern getragenen Titel des Königs der Schweden, Goten und Vandalen blieb mit der Zeit nur noch der schwedische Titel.



Auf dem Dukaten von Karl XV. aus dem Jahr 1867 werden die Vandalen nur noch mit dem Buchstaben V abgekürzt.



Was sich im 16. Jahrhundert im Namen der Lutherschen beziehungsweise der Calvinistischen Reformation tätige Bilderstürmer erlaubten, war Gegenstand drastischer Pamphlete und Grafiken.



Szenen aus dem 16. und 17. Jahrhundert zeigen, wie Soldaten unbarmherzig und mordend gegen die Zivilbevölkerung vorgehen. Sie rauben alles, was einigen Wert hat und hinterlassen nur noch verbrannte Erde.



Revolutionäre reißen in der Grabeskirche St. Denis bei Paris die Gebeine der Könige von Frankreich aus den Gräbern.



Die Medaille von 1692 zeigt, wie französische Soldaten die Gruft der Kurfürsten von der Pfalz im Heidelberger Schloss plündern.



Norddeutsche Hansestädte wie Danzig, Lübeck, Wismar, Rostock, Stralsund, Königsberg und Riga pflegten sich auch als "wendisch" oder latinisiert als "Urbes vandalicae" zu bezeichnen. Der seltene Wendentaler aus Lüneburg von 1541 zeigt die Wappen von sechs zum Wendischen Münzverein gehörenden Städten. (Fotos/Repros: Caspar)

Mehrfach in ihrer langen Geschichte wurde Rom, die Ewige Stadt am Tiber und Metropole des römischen Kaisertums und der Christenheit, belagert und ausgeraubt. Unzählige Menschen kamen dabei ums Leben, sagenhafte Schätze fielen den Plünderern in die Hände, herrliche Zeugnisse der Architektur und Bildhauerkunst sowie Juwelen, Manuskripte und andere Zeugnisse hochstehender Kulturen gingen in einer Orgie von Blut, Feuer und Gewalt zugrunde. So war es auch im Jahre 455, als das Weströmische Reich unter der Führung des Königs der Vandalen, Geiserich, geplündert wurde. Zuvor hatten seine Truppen furchtbar in Spanien und Nordafrika gehaust und fremde Schätze geraubt.

Chronisten rangen nach Worten um zu schildern, was sich bei den Gewaltakten abspielte - Raub, Mord, Vergewaltigung, sinnlose Zerstörung. Über die Leichen auf den Straßen hätten sich Hunde hergemacht, die brennende Stadt habe den einen die Seele genommen und anderen den Körper, heißt es in der Beschreibung einer solchen Katastrophe am Beginn des fünften Jahrhunderts. "In Dörfern und Landhäusern, auf dem Land und auf dem Marktplatz, in allen Gebieten, auf allen Straßen, auf diesem Platz und auf jenem war da Tod, Elend, Zerstörung, Brennen und Klagen, ganz Gallien brannte auf einem einzigen Scheiterhaufen". Solche Kriegsgräuel waren Usus, und Kriege mussten von denen bezahlt werden, in deren Land sie sich abspielten.

Verbrechen in grauer Vorzeit

Bis man Raub und Mord sowie blinde Zerstörungswut mit Goten und Vandalen in Verbindung brachte, dauerte es noch mehr als ein Jahrtausend. Der Begriff "Vandalismus" geht auf Henri Grégoire zurück, seines Zeichens Bischof von Blois in der Zeit der Französischen Revolution. Der Kleriker setzte sich für politische Reformen ein, allen voran die Abschaffung der Monarchie und der Privilegien des Adels, machte sich aber auch als Vorkämpfer der Sklavenbefreiung und der Emanzipation der Juden einen Namen. In einem Bericht an den Konvent in Paris erinnerte er 1794 an gewaltsame Übergriffe seiner Landsleute gegenüber Kirchen, Schlössern und Kunstwerken an vandalische Verbrechen in grauer Vorzeit. Mit dem Begriff "Furor Gothicorum et Vandalorum" war der Schrecken gemeint, den Goten und Vandalen verbreitete haben. Grégoire wusste, wovon er sprach, denn er gehörte nach dem Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789 zu denjenigen, die die Zerstörung von Königsdenkmälern und der Schändung der Königsgräber befürwortet hatten.

Es gab Zeiten, da war es eine Ehre, König der Goten und Vandalen genannt zu werden. Auf schwedischen Münzen und Medaillen nannten sich die Könige so, und niemand fand etwas Anstößiges dabei. Wenn sich der berühmte, 1632 in der Schlacht bei Lützen gefallene Schwedenkönig Gustav II. Adolf, seine Tochter Christina und deren Nachfolger noch mit dem Titel eines Königs beziehungsweise Königin der Goten und Vandalen schmückten, so verzichteten deren Nachfolger im 19. Jahrhundert auf den historisch belasteten, in Misskredit geratenen Titel. Schaut man die Gepräge der schwedischen Monarchen an, dann findet man weitere Titel, nämlich den des Königs von Polen und Großherzogs von Litauen sowie nach 1814 des Königs von Norwegen. Die Verwendung solcher Titel unterstich wahre Machtverhältnisse oder nur Ansprüche auf Kronen und Länder. Diesen Brauch kann man auch auf Münzen und Medaillen anderer Herrscherhäuser beobachten. So erhoben englische Könige lange Zeit Ansprüche auf französische Territorien und haben dies auch durch entsprechende Inschriften auf ihren Münzen kundgetan.

Als Kunstbeute verschleppt

In Berichten über die Untaten der Vandalen vermischen sich, wie so oft in der Dichtung und Wahrheit. Auch anderen besonders kriegerischen und gewalttätigen Völkern wie den Wikingern, Hunnen, Tartaren und Goten hat man barbarische und vandalische Gewaltakte nachgesagt. Als Barbaren bezeichneten die selbstbewussten Griechen alle Völker, die nicht zu ihrer Gesellschaft gehörten und eine angeblich unverständliche, raue Sprache haben. Zeitweilig waren in den Augen der Griechen sogar die Römer, ihre großen Bewunderer, Barbaren. Allerdings entwickelte sich im Laufe der Jahrtausende die Bezeichnung zum Inbegriff für alles, was roh und ungebildet ist.

Klagen über Gewalt gegen Kunst und ganz allgemein gegen "Sachen", und nichts anderes ist Vandalismus, ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Persische Großkönige und ägyptische Pharaonen richteten schreckliche Verwüstungen in Tempeln und Palästen ihrer Gegner an, ließen Götter- und Königsbilder umstürzen oder wenigstens die Inschriften tilgen und neue anbringen, um sich als legitime Herrscher, Helden und Eroberer zu feiern. Die Römer nahmen aus besetzten Ländern alles mit, was in ihre Paläste und Schatztruhen passte. Mit großer Kraftanstrengung wurden ägyptische Obelisken als Siegeszeichen herbei geschleppt und auf zentralen Plätzen in Alexandria, Rom und Konstantinopel neu aufgestellt. Der faschistische Diktator Mussolini ließ solche monumentalen "Steinnadeln" nach Rom schaffen, und es bedurfte nach dem Zweiten Weltkrieg langwieriger Verhandlungen, bis sie vom italienischen Staat zurückgegeben wurden. Hitler und Goebbels ließen aus rassistischen und politischen Gründen nicht in ihr Weltbild passende Bücher verbrennen, und was deutsche Truppen im Zweiten Weltkrieg nicht zerstörten, haben die Kunsträuber ins NS-Reich verschleppt. Dass der Vandalismus auch in unserer Zeit eine wahre Geißel ist, zeigen zielgerichtete Akte der Zerstörung in Afghanistan, im Irak und in anderen Ländern, wo Götter- und andere Standbilder vernichtet sowie Museen, Bibliotheken und Ausgrabungsstätten geplündert wurden und werden. Solchen Bildersturm hat es zu allen Zeiten gegeben. Aber auch im Alltag und im Kleinen gibt es Vandalismus, etwa wenn Häuser beschmiert, Berge von Unrat aufgehäuft oder Kunst im öffentlichen Raum und in Museen mutwillig beschädigt wird.

Bildersturm im Namen Gottes

Blicken wir ein paar Jahrzehnte zurück, dann stoßen wir überall auf barbarische Akte der Bilderstürmerei im Namen Gottes. In der Zeit nach Luthers Thesenanschlag von 1517 sind fanatische Ikonoklasten, wie man Bilderstürmer auch nennt, durch Kirchen und Klöster gezogen und haben Heiligenfiguren, Altarbilder und andere Kunstwerke mutwillig zerstört. Dazu riefen reformatorischer Theologen und Obrigkeiten auf, die Luthers Lehre angenommen hatten, und viele Menschen glaubten, damit ein gottgefälliges Werk zu tun. Betroffen waren das Heilige Römische Reich deutscher Nation einschließlich der Schweiz und die Niederlande, aber auch England und Schottland während des Bürgerkriegs im 17. Jahrhundert. Bei all diesen Taten landeten unschätzbare Werte auf dem Scheiterhaufen oder im Schmelztiegel. Was erhalten blieb, wird heute in Gotteshäusern und Museen ehrfürchtig betrachtet. Das gilt auch für farbige Kirchenfenster, die man in maßlosem Reinigungseifer zerschlagen hat. Wo man keinen Ersatz herbeischaffen konnte, ließ man die Bilder nolens volens an ihrem Ort. Viele als überflüssig empfundene Skulpturen sowie für Bücher haben wie durch ein Wunder die Zeiten oft in dunklen Verliesen überstanden.

In Amerika, das man damals noch Neue Welt nannte, haben die spanischen Conquistadoren auf der Suche nach Goldschätzen nicht nur unzählige Menschen niedergemetzelt, sondern auch hoch entwickelte Kulturen vernichtet. Die Kolonialherren raubten den unterworfenen Völkern ihre Geschichte und zwangen ihnen den eigenen christlichen Glauben auf und machten sie von sich abhängig. Fremde Götter und ihre Bilder hatten in dieser Politik mit Feuer, Schwert und Kreuz keinen Platz. Bei den Kommunisten und anderen Gruppen, die sich die Verbesserung der Welt ganz in ihrem Sinne auf die Fahnen schrieben, wurden wertvolle Hinterlassenschaften früherer und ihnen fremder und feindlicher Zeiten und Völker auf dem "Altar" ihrer Ideologie geopfert. Nach dem Tod des sowjetischen Diktators Josef Stalin 1953 hat man dessen Denkmäler gestürzt. Zuvor wurden in Deutschland Hakenkreuze und Hitlerbilder nach dem Motto "Mein Kampf verbrannt, Hitler nicht gekannt" in den Orkus der Geschichte geworfen.

3. Oktober 2021

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