Aufstände in Italien und Polen
Revolutionären Zeiten im frühen 19. Jahrhundert und ihre numismatischen Hinterlassenschaften



Die Eroberung von Venedig war Napoleon I., Kaiser der Franzosen und König von Italien, 1805 die Prägung einer Medaille wert



Die Grafik zeigt, wie die Venezianer 1848 die Republik begrüßen. Das Manien-Denkmal steht auf einem nach ihm benannten Platz in der Lagunenstadt.



Kaiser Franz I. von Östereich war auch Herr in Oberitalien und dokumentierte das unter anderem durch den seltenen, in Mailand 1828 geprägten Scudo.



Mit patriotischen Bildern und Parolen dokumentierte Mailand kurze Freiheit auf einem silbernen Fünf-Scudo-Stück von 1848. Venedig tat es der lombardischen Metrople gleich.





Die Medaille der Römischen Republik von 1848 zeigt mit Adler, Lorbeerkranz, Fasces, Dolch und phrygischer Mütze, auch Jacobinermütze genannt, Symbole aus dem antiken Rom. Die Kupfermünze von 1849 lief nur kurze Zeit um.



Polen entwickelte in seiner tausendjährigen Geschichte eine abwechselungsreiche Münzprägung, die ein hochinteressantes Forschungs- und Sammelgebiet bildet. Die Silbermünzen zu fünf und zwei Zloty und weitere Münzen von 1831 stammen aus der kurzen Zeit, da sich das Land gegen die Zarenherrschaft aufbäumte. (Fotos/Repros: Caspar)

Nach den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 erhoben sich zum österreichischen Vielvölkerstaat gehörende Länder gegen das Haus Habsburg, hatten aber keinen Erfolg. Die Revolutionen in Frankreich von 1830 und 1848 sowie im Deutschen Bund und in anderen Ländern 1848/49 gaben der italienischen Einheits- und Freiheitsbewegung einen großen Auftrieb. In Venedig und Mailand wurden die Österreicher vertrieben und provisorische Regierungen ausgerufen, die eigene Münzen mit patriotischen Bildern und Aufschriften heraus gaben. Teile des Bürgertums und des liberalen Adels schlossen sich in Geheimorganisationen zusammen. Ihre Angriffe richteten sich gegen ihre Despoten, die viele aus der Revolutionszeit nach 1789 stammenden Errungenschaften abschafften und sich an Parteigängern des französischen Kaisers Napoleon I. rächten, die bis 1814/5 in einigen italienischen Landesteilen das Sagen hatten. Ziel der Erhebungen in Neapel, Piemont, in Lombardo-Venetien, Bologna, Ancona und anderswo war die Einheit des Landes und die Beseitigung der Fremdherrschaft. Die gewaltsame Niederschlagung der Aufstände stärkte nur die Widerstandskräfte und den Wunsch nach einem einheitlichen und souveränen Italien. Diese Bewegung ging als Risorgimento (Wiedererstehen) in die Geschichte ein.

Die Repubblica di San Marco war vom 23. März 1848 bis zum 22. August 1849 ein etwa eineinhalb Jahre bestehendes Staatsgebilde im norditalienischen Venetien mit Venedig als Hauptstadt. Der Name der Republik von San Marco bezog sich auf den Stadtheiligen Markus, dessen Symbol, der geflügelte Löwe, zahlreiche Münzen des Stadtstaates schmückt und überall in der Lagunenstadt zu sehen ist. Die Republik Venedig entstand im Zusammenhang mit der Februarrevolution in Frankreich und der Märzrevolution in den Staaten des Deutschen Bundes. Führer der Erhebung gegen die Österreicher in Lombardo-Venetien war der auch mit Blick auf die ruhmreiche, von Dogen regierte Stadtgeschichte auch "letzter Doge" genannte Rechtsanwalt Daniele Manin.

Österreicher behielten die Oberhand

Das Datum 11. August 1848 auf einem Fünflirestück von 1848 bezieht sich auf die Ernennung von Manin angesichts der Bedrohung durch österreichische Truppen zum Staatschef, manche sagen auch Diktator. Allerdings nutzte der Widerstand wenig, denn bis Ende des Jahres musste die noch von der Cholera betroffene Stadt kapitulieren. Manin und 39 seiner Unterstützer gingen nach Paris ins Exil, wo auch aus anderen Ländern stammende Revolutionäre Zuflucht fanden. Bereits im August 1848 war Mailand von Truppen des erst 18 Jahre alten Kaisers Franz Joseph zurück erobert worden. Eine Erhebung der Piemontesen im März 1849 verschaffte Venedig ein wenig Luft, am Ende behielten die Österreicher die Oberhand. Es dauerte noch 18 Jahre, bis sie nach dem Deutschen Krieg von 1866 abziehen mussten und Italien sich auf den Weg machte, die elende Fürstenherrschaft abzuschütteln. Mit der Proklamation vom 26. Januar 1871 von Rom zur Hauptstadt und dem Einzug von König Vittorio Emanuele hatte Italien seine Einigung erreicht, fast zeitgleich mit der Ausrufung des von Preußen dominierten Deutschen Reichs.

Betroffen von den dramatischen Ereignissen war neben anderen Souveränen auch Papst Pius IX. Er begann 1846 sein Pontifikat zunächst mit liberalen Reformen, schwenkte aber 1848 nach seiner zeitweiligen Vertreibung aus Rom nach einem Aufstand und der Erklärung der Stadt und des Kirchenstaates zur Republik auf reaktionäre Positionen um. Bereits Ende des 18. Jahrhunderts war in Rom mit französischer Hilfe die Republik ausgerufen worden, was zur Prägung neuartiger Münzen ohne Papstbilder und frommen Motiven führte. In Sendschreiben wandte sich Pius XI. gegen "freie" Gedanken und liberale Hirngespinste, wie er sagte, und warnte vor "politischen Irrlehren". Indem der Pontifex maximus die unbedingte Unterwerfung des Staates und der Wissenschaft unter die Autorität der katholischen Kirche forderte, stellte er sich gegen den Zeitgeist und wurde durch weltliche Mächte in seine Schranken verwiesen.

Freiheit, Tugend, Gleichheit, Einheit

Italiens Geschichte ist voll Herrschern, die alles andere zu den Musterbildern der Menschheit gehören. An ihren Höfen gab es Intrigen, Mord und Totschlag, unmäßigen Luxus und Ausschweifungen, und wer dagegen opponierte, war sich seines Lebens nicht sicher. Auf der anderen Seite betätigten sich weltliche und geistliche Fürsten sowie reiche Städte als Förderer von Künsten und Wissenschaften. Sicher auch deshalb zog und zieht Italien zahllose Besucher und Bewunderer an, darunter auch viele Deutsche. Nach vielen Kriegen und Katastrophen erlebte die italienische Halbinsel in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine relativ friedliche Zeit, die aber im Zusammenhang mit den Koalitionskriegen nach der französischen Revolution von 1789 endete. 1796 eroberte General Napoleon Bonaparte, der neue Stern am europäischen Himmel, weite Gebiete in Oberitalien und nahm neben dem Kirchenstaat die Romagna, Ferrara und Bologna für Frankreich in Besitz und machte aus den Gebieten von ihm abhängige Republiken, die eine interessante Münzprägung hervor brachten.

Im Frieden von Campo Formio von 1797 wurde Österreich die Republik Venedig zugesprochen, die über Jahrhunderte die Meere beherrscht und große Reichtümer angehäuft hatte. Mit dem Untergang der "Serenissima" endete eine großartige Münzprägung, der wir unter anderem die goldenen Zechinen verdanken. Während Venedig bei der Neuordnung der italienischen Landkarte seine Souveränität verlor, wurden auf französische Initiative die Zisalpinische Republik mit Mailand als Hauptstadt und die Ligurische Republik um Genua gegründet, gefolgt von der Römischen Republik in Rom. Jedesmal beeilten sich die Regierungen, ihre Existenz und programmatisch einen neuen Geist mit neuen, den Geist der Freiheit und Souveränität bekundenden Motiven zu dokumentieren. So liest man auf den Münzen - ins Deutsche übersetzte - Aufrufe wie "Kraft in der Einheit", "Freiheit, Tugend und Gleichheit" oder "Freies Italien wenn Gott es will". Gäbe es die zum Teil recht seltenen Geldstücke nicht, wüssten heute vermutlich nur noch wenige Historiker etwas über die kurzlebigen Staatsgebilde.

Unter der Herrschaft Napoleons I.

Napoleon Bonaparte, als Erster Consul um 1800 Frankreichs starker Mann, hob 1801 das Königreich Etrurien mit dem spanischen Infanten Louis de Bourbon an der Spitze aus der Taufe und verwandelte die Zisalpinische Republik in die Italienische Republik. Bald nach seiner Krönung zum Kaiser der Franzosen am 2. Dezember 1804 in Paris erklärte sich der nunmehrige Napoleon I. zum König von Italien. Sein Reich umfasste zunächst ehemals souveräne Staaten in Norditalien einschließlich Venedig, Parma, Piacenza, Ligurien und den Kirchenstaat. Damit nicht genug besetzten französische Truppen das Königreich Neapel, das 1806 an Napoleons Bruder Joseph und 1808 an seinem Schwager Joachim Murat fiel. Auch hier glänzten die neuen Herrscher mit eigenen Münzen. Italien stand jetzt unter direkter französischer Herrschaft oder war von Napoleon I. abhängig, ausgenommen Sizilien und Sardinien, wo sich die alten Dynastien weiterhin an der Macht halten konnten.

Die Einigung Italiens verlief über mehrere Etappen und war steinig und mit viel Blutvergießen verbunden. Sardinien hatte sich 1855 mit Frankreich und Großbritannien am Krimkrieg gegen Russland beteiligt und setzte selbstbewusst die italienische Frage auf die Tagesordnung. 1859 provozierte Österreich einen Krieg gegen Sardinien und dessen Verbündeten Frankreich. Dieser Waffengang endete nach dem mit unzähligen Toten und Verwundeten erkämpften sardisch-französischen Sieg bei Solferino am 24. Juni 1859 mit einem Friedensschluss, der Sardinien die Herrschaft über die Lombardei verschaffte, während Venetien zunächst bei Österreich verblieb. 1860 schlossen sich die Toskana, Parma-Piacenza, Modena und die Emilia-Romagna nach einer Volksabstimmung Sardinien an. Bald schon landeten Giuseppe Garibaldi und seine Freischärler auf Sizilien, eroberten die Insel und zogen weiter zum festländischen Teil des Königreiches. Im September 1860 stimmten die Bewohner dieses Königreich sowie der Marken und Umbrien, die bis dahin zum Kirchenstaat gehörten, für ihre Angliederung an Sardinien. Hauptstadt der um bedeutende Landesteile erweiterten Monarchie mit König Vittorio Emanuele II. an der Spitze war zunächst Turin und ab 1865 Florenz.

Die Eingliederung der Reste des Kirchenstaates in das Königreich Italien gestaltete sich schwierig. Zweimal, 1862 und 1866, versuchte Garibaldi, mit seinem Freikorps Rom einzunehmen, scheiterte aber jedesmal an italienischen Regierungstruppen beziehungsweise den Franzosen, die seit 1849 in Rom besetzt hatten. Nach deren Abzug im Zusammenhang mit dem deutsch-französischen Krieg von 1870/71, der Entmachtung Kaiser Napoleons III. und der Ausrufung der Republik in Frankreich gelang italienischen Truppen am 20. September 1870 die Besetzung der Stadt am Tiber. Dort wurde nach einem Volksentscheid der Kirchenstaat in das Königreich Italien eingegliedert und Rom 1871 zur Hauptstadt erhoben, während sich der Machtbereich des Papstes nur noch auf einen w inzigen Rest um die Peterskirche beschränkt.

Polen gegen russische Fremdherrschaft

Polens über tausendjährige Geschichte sah Zeiten großer territorialer Ausdehnung und eine beherrschende Stellung im Ostseeraum. Kulturellen Höhenflügen im Mittelalter und der Renaissance folgten Perioden des Niedergangs und der Abhängigkeit von fremden Mächten, schließlich der Zerschlagung des Staates und der nationalen Wiedergeburt. Kenntlich ist die Entwicklung an großartigen Bauwerken sowie Leistungen bedeutender Künstler und Gelehrter. Schwedische, sächsische, russische und andere ausländische Herrscher saßen auf dem polnischen Thron und drückten ihre Interessen rücksichtslos durch. Als auf dem Wiener Kongress (1814/15) Fürsten und Diplomaten die Landkarte neu zeichneten, war für Polen kein Platz. Bedeutende Landesteile fielen als so genanntes Kongresspolen an Russland sowie an Preußen und Österreich. Nach der Julirevolution von 1830 und der Ausrufung von Belgien als selbstständiges Königreich erhoben sich polnische Patrioten, um die russische Oberhoheit abzuschütteln. Zar Nikolaus I. wurde vom Parlament in Warschau die polnische Königskrone abgesprochen. Doch schon bald gewannen die Besatzer wieder die Oberhand und knechteten das Land schlimmer als je zuvor. Nach der Niederschlagung des Aufstandes verlor Russisch-Polen seine Autonomie, und es begann eine rücksichtslose Russifizierung und der Ausmerzung der Landessprache. Dessen ungeachtet verfolgten polnische Patrioten die Wiedergeburt eines eigenen Staates, hatten aber keinen Erfolg. Viele Freiheitskämpfer gingen ins Exil und fanden in Paris ein neues Zuhause. In der Heimat wurden die polnischen Untertanen der russischen Zaren wie Menschen zweiter Klasse behandelt. Bis heute wird mit Stolz die Nationalhymne mit den Zeilen "Noch ist Polen nicht verloren, solange wir leben. / Was uns fremde Übermacht nahm, / werden wir uns mit dem Säbel zurückholen" gesungen. Das Lied drückt die Hoffnung auf die Wiedergeburt des Landes aus und fordert dazu auf, sich der eigenen Werte zu entsinnen und Fremdherrschaft abzuschütteln. Nie fehlte es an Versuchen, Warschau wieder zur Hauptstadt eines einheitlichen Polen zu machen. Das gelang erst durch Ausrufung der Republik am 11. November 1918.

12. Dezember 2021

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