Kaiser und Kurfürsten im Treppenhaus
Nach langer Abwesenheit kehrten barocke Herrscherfiguren in die Mitte Berlins zurück



Die von Bartholomeus Eggers geschaffene Marmorskulpturen stehen als Leihgaben der Preußischen Schlösserstiftung in der dritten Etage des Humboldt-Forums vor der Ausstellung des Museums für Asiatische Kunst. Am Eingang wacht der wie Jupiter aufgefasste Große Kurfürst Friedrich Wilhelm, der Eggers mit den Standbildern beauftragt hatte.



Die brandenburgischen Kurfürsten Friedrich I. und Friedrich II. begründeten im frühen 15. Jahrhundert den Aufstieg des Hauses Hohenzollern zu einer führenden Kraft im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation.



Die von Kaiser Wilhelm II. aus dem Weißen Saal des Stadtschlosses verbannten Marmorstandbilder erhielten nach 1945 Asyl in Prunkräumen des Potsdamer Neuen Palais, rechts der Marmorsaal.



An einer anderen Stelle im Treppenhaus des Humboldt Forums halten die Kurfürsten Joachim II., Johann Georg und Johann Sigismund Wache.



Kurfürst Friedrich III. bestieg 1688 den brandenburgischen Thron und krönte sich am 18. Januar 1701 in Königsberg zum preußischen König Friedrich I.



Vier prächtige, ganz dem Geschmack des Barock verpflichtete Kaiserstatuen gehörten zur Ausstattung des Alabastersaals im Berliner Schloss. Nun kehrten sie gemeinsam mit den brandenburgischen Kurfürsten in die Mitte der Stadt zurück.



Im Schloss Oranienburg sind Marmordenkmäler des Kurfürsten und Königs Friedrich III./I. und des noch jungen Friedrich Wilhelm aufgestellt. Der Sohn und Nachfolger des Großen Kurfürsten und seiner Gemahlin Luise Henriette von Oranien lebte oft und gern im Oranienburger Schloss, das auf das Prächtigste ausgestattet war. Sein 1692 von Gabriel Grupello geschaffenes Denkmal aus Marmor war ursprünglich für Kleve bestimmt. Das von François Dieussart geschaffene Marmorstandbild des Großen Kurfürsten (rechts) stammt aus dem Jahr 1652 und schmückte ursprünglich ein Wasserbecken im Berliner Lustgarten. In der Kleinen Kuppelhalle des Bode-Museums schwingt der von Friedrich II., dem Großen, geschätzte und 1757 bei Prag tödlich verwundete, hier wie tanzend dargestellte Feldmarschall Kurt Christoph Graf von Schwerin tapfer die Fahne. (Fotos: Caspar)

Im Westflügel des Humboldt Forums wurden am 22. September 2021 die neuen Ausstellungen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz feierlich eröffnet. Vier Jahre waren nötig, um die aus Afrika, Asien, Australien, Ozeanien, Amerika und anderen Weltengegenden stammenden Objekte zu restaurieren und von ihrem bisherigen Standort in den Dahlemer Museen in die Mitte der Hauptstadt zu bringen. Jetzt werden sie mitsamt ihrer Herkunftsgeschichte in neuer, auch durch Videos und digitale Angebote ergänzter Form präsentiert. Auf über 8.500 Quadratmetern Ausstellungsfläche und in mehr als 30 Ausstellungsmodulen zeigen die Museen rund 10.000 Exponate und beleuchten sie aus verschiedenen Perspektiven. Vor der Öffnung des Westflügels in dem neuen Kulturstandort wurden bereits andere Ausstellungen wie "Berlin global", "Schrecklich schön" rund um das Elfenbein und seine Verwendung in der Kunst und Kultur sowie "Archäologische Funde im Schlosskeller" eröffnet. Es folgen der Ostflügel und weitere Suiten mit neuen Ausstellungen anderer Museen und Sammlungen.

Langer Stammbaum war wichtig

Wer die neu gestaltete Ausstellung des Asiatischen Museum besucht, kommt im Treppenhaus an barocken Marmorfiguren vorbei, die der niederländische Bildhauer Bartholomeus Eggers im ausgehenden 17. Jahrhundert für das Berliner Stadtschloss schuf. Sie erinnern daran, dass in fürstlichen Familien der Stammbaum über allem stand. Je länger und vornehmer er war, um so besser für die Dynastie. Je mehr Prinzen und Prinzessinnen geboren wurden und ihre ersten Jahre erlebten, um so größer war auch die Sicherheit, dass das Herrscherhaus nicht ausstirbt. In der Barockzeit, als das Berliner Schloss nach Plänen von Andreas Schlüter und anderen Künstlern umgebaut und erweitert wurde, tobte der Spanische Erbfolgekrieg mit furchtbaren Verlusten an Blut und Gut, und auch später kämpften Länder gegeneinander, um Herrschaftsansprüche ihrer kaiserlichen und königlichen Gebieter durchzusetzen.

Insgesamt fertigte Eggers Standbilder aus carrarischem Marmor von elf brandenburgischen Kurfürsten sowie vier Kaisern an. Sie waren nach langer Abwesenheit im Potsdamer Exil wieder in die Mitte der Stadt zurückgekehrt und erinnern mit weiteren Objekten, Installationen und Videos überall im Humboldt Forum an das, was hier bis zur Zerstörung des Stadtschlosses 1950/51 auf Befehl der SED existiert, wer hier residiert hat, was aus dem Palast nach Abschaffung der Monarchie wurde und welches Schicksal es im Zweiten Weltkrieg und danach erlitten hat.

Personenkult der Hohenzollern

Ursprünglich schmückten die Figuren den Alabastersaal des Stadtschlosses. Sie dienten dem Personenkult und Selbstdarstellung der Hohenzollern, die 1415 mit der brandenburgischen Kurwürde belehnt wurden und Berlin-Cölln zu ihrer Hauptstadt machten. Jeweils sechs Kurfürsten standen in Nischen an den langen Seiten des Saals, während die Stirnseiten mit den Statuen von vier Kaisern einnahmen. Sie ehren Julius Caesar als Ahnherrn des Imperium romanum, Konstantin I., der das Römische Reich nach 312 christianisierte und daher mit einen Kreuz dargestellt ist, sowie Karl den Großen, der anno 800 vom Papst zum Kaiser des westlichen Europa gekrönt wurde, und Rudolf als erstes Oberhaupt des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation aus dem Hause Habsburg. In der Serie fehlen zwei seit 1945 verschollene Statuen der Kurfürsten Joachim Friedrich und Georg Wilhelm. Obwohl Frauen in Kurbrandenburg als Landesmütter eine wichtige Rolle spielten, hielt man es im späten 17. Jahrhundert nicht für nötig, sie durch ähnlich aufwändige Denkmäler zu ehren.

Bartholomeus Eggers war seit 1663 immer wieder für den kurbrandenburgischen Hof tätig. Er schuf unter anderem Büsten römischer Kaiser und Kaiserinnen, die sich heute im Schloss Oranienburg befinden, sowie weitere mehr oder weniger fantasievoll gestaltete Porträts und damals beliebte Gruppen mythologischer Entführungen. Den Eggerschen Kurfürstenfiguren sieht man nicht an, dass die Personen, die sie verkörpern, nur selten Muster an Wohlanständigkeit und Menschenfreundlichkeit waren, sondern sich zwischen skrupellosem Machthunger und schwächlichem Nichtstun bewegten. Johann Wolfgang von Goethe hatte für solche auch auf alten Römermünzen abgebildeten "Kaiser und Kaiserlinge" nur Verachtung übrig.

Herrscher in "römischem Habit"

Der Bildhauer stellt einige Herrscher in "römischem Habit" dar, so wie wir es bei Andreas Schlüters Reiterdenkmal des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg im Ehrenhof des Schlosses Charlottenburg, einigen Generalsfiguren in der Kleinen Kuppelhalle des Bode-Museums oder beim Denkmal des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm in Rathenow kennen. Die letzte von Eggers geschaffene Statue im Treppenhaus des Humboldt Forums ehrt Kurfürst Friedrich III., der 1688 seinem Vater Friedrich Wilhelm folgte, die Umwandlung des Berliner Schlosses in einen prächtigen Barockpalast veranlasste und sich 1701 als König Friedrich I. "in" Preußen krönte. Dass er ein schwacher Herrscher war, dem höfisches Zeremoniell und hohler Prunk wichtiger als das Wohl seiner oft in Elend und Armut vegetierenden Untertanen war, muss man sich beim Anblick dieser Marmorfigur hinzu denken.

Theatralische Körperhaltungen mit Stand und Spielbein, eine antikisierende Kostümierung, Hermelinmäntel und eiserne Harnische sowie bei einigen Figuren auch Lorbeerschmuck mit Haar unterstreichen Macht und Herrlichkeit der nach ihrer Auffassung nur Gott und niemand anderem verpflichteten Herrscher. Unverkennbar sollte ihr Glanz auf den kurfürstlichen Auftraggeber der Ahnenreihe, Friedrich Wilhelm, strahlen.

Figurenserien dieser Art waren in der Renaissance und dem Barock beliebt und fanden en miniature auch auf zahlreichen Medaillenserien reichlichen Niederschlag. Solche Ahnenreihen aus Bronze oder Marmor führen in die antike Mythologie und römische Kaiserzeit zurück. Dabei war es im Falle der Berliner Standbilder unerheblich, dass die Hohenzollern erst im frühen 15. Jahrhundert von Kaiser Karl IV. mit der brandenburgischen Markgrafen- und Kurfürstenwürde belehnt wurden und einen vergleichsweise jungen Stammbaum besaßen und ihr reichlich zerklüftetes Reich lange Zeit als "märkische Streusandbüchse" verspottet wurde.

22. September 2021

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