Neue Ausstellung, besseres Raumklima
Berliner Zeughaus wird bis 2025 saniert, Geschichte wird dennoch gezeigt





Die Spreeseite des barocken Zeughauses bekommt im Rahmen der Sanierung einen neuen Eingang für Besucher. Oben ein Blick auf den Lustgarten, das Museum das Gebäude und die Innenstadt vom Dom am Lustgarten aus gesehen.



Solange die Arbeiten dauern, ist auch der barocke Innenhof geschlossen. Bisher kam man von hier in den Pei-Bau.



Die schmerzverzerrten "Masken sterbender Krieger" im Zeughaushof sind berühmte Beispiele für Andreas Schlüters Meisterschaft als Bildhauer.





Nach seinem japanischen Architekten I. M. Pei benannt, fällt der Anbau aus dem Jahr 2003 schon von Weitem durch seinen futuristisch anmutenden Eingang ganz aus Glas auf. Hier werden auch während des Umbaus des Zeughauses weiterhin Sonderausstellungen zu sehen sein.





Gewaltsam brachen Berliner am 14. Juni 1848 das Tor des Zeughauses auf, um sich zu bewaffnen. Es kam zu mutwilligen Zerstörungen historischer Gegenstände, zum Raub wertvoller Andenken an Preußens heroische Zeiten. (Fotos/Repros: Caspar)

Bis voraussichtlich Ende 2025 wird das barocke Zeughaus Unter den Linden wegen notwendiger Instandsetzungen und die Erneuerung der Ständigen Ausstellung geschlossen. Wichtigster Grund für die Maßnahme ist vor allem die notwendige Sanierung der Klimatechnik im Hauptbau des Deutschen Historischen Museums, die die vollständige Freiräumung der Ausstellungsbereiche erfordert. Die Baumaßnahmen werden vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung federführend koordiniert. In den kommenden Jahren wird eine neue ständige Ausstellung erarbeitet. Sie wird deutsche Geschichte in ihren internationalen Bezügen zeigen und dabei neue Akzente setzen. So soll die chronologische Darstellung komprimiert werden, um in Themenräumen Grundfragen der deutschen Geschichte behandeln zu können. Nach Information aus dem Museum soll ein spezieller Bereich Fragen von Kindern und Jugendlichen an die Vergangenheit aufgreifen und zu einem Familienbesuch des Museums einladen. Der wechselvollen Geschichte des barocken Zeughauses als größtes Exponat des Museums soll ebenfalls dokumentiert werden.

Die ständige Ausstellung wird einerseits den Wandel der Geschichtsbilder in verschiedenen Stadien unserer Geschichte thematisieren, andererseits wissenschaftliche Impulse und gesellschaftliche Diskurse der Gegenwart einbeziehen. Ziel der Ausstellung soll es sein, Besucherinnen und Besuchern die prinzipielle Offenheit vergangener historischer Entwicklungen nahezubringen und sie einzuladen, sich selbst ein Urteil zu bilden. Geplant sind Inklusive sowie mehrsprachige und digitale Angebote, die die werden künftig die Besucherfreundlichkeit der Ausstellung stärken. Das Zeughaus wird zudem einen zweiten Besuchereingang am Kupfergraben erhalten, nur wenige Schritte entfernt von einem der vier Ausgänge des U-Bahnhofs "Museumsinsel". Der Museumsshop und das Café im Zeughaus sowie das Zeughauskino bleiben in der Zeit geschlossen.

Pei-Bau bleibt weiter offen

Basis der neuen ständigen Ausstellung ist die einzigartige, eine Million Objekte umfassende DHM-Sammlung historischer Objekte, die in den vergangenen fünfzehn Jahren um zahlreiche bedeutende Stücke erweitert wurde. Welche der bisher gezeigten beziehungsweise der neu erworbenen Objekte in der neuen Ausstellung gezeigt werden, ergeben die Arbeiten an der Ausstellungskonzeption. Während der Schließung des Zeughauses bleibt der vom Architekten I. M. Pei entworfene Pei-Bau mit Wechselausstellungen weiterhin geöffnet. Aktuell ist "Die politische Geschichte der documenta" noch bis zum 9. Januar 2022 zu sehen. Eine weitere Ausstellung beschäftigt sich vom 27. August 2021 bis 6. Februar 2022 mit dem Fortwirken von nationalsozialistischen Künstlern in den Nachkriegsjahrzehnten der Bundesrepublik Deutschland. Für die Zeit bis zur Eröffnung der neuen Ständigen Ausstellung wird ab November 2022 die Dokumentation mit dem Arbeitstitel "Roads not Taken. Imaginierte Wendepunkte deutscher Geschichte" zu sehen sein.

Das Zeughaus ist ein markantes Beispiel für die Mühen in Berlin um die Rettung historischer Bauten nach dem Zweiten Weltkrieg. Ab 1695 nach Plänen von Johann Arnold Nering unter Verwendung eines Entwurfs des Franzosen Nicolas François Blondel von Andreas Schlüter und anderen Architekten als brandenburgisch-preußisches Waffenarsenal errichtet, war der reich mit Figurenschmuck auf der Attika sowie in den Sälen und im Innenhof ausgestaltete Prachtbau nach 1871 eine preußisch-deutsche Ruhmeshalle, in der sich die Hohenzollern als große Schlachtenlenker und Staatsmänner feierten. Fahnen und Orden, Helme und Harnische, Gewehre und Kanonen und andere militärische Hinterlassenschaften bestimmten die Ausstellung. Hinzu kamen Herrscher- und Feldherrenfiguren sowie Schlachtengemälde. In der Nazizeit stand das Zeughaus im Mittelpunkt schauriger Heldengedenkfeiern und militaristischer Spektakel. Nach der Kriegszerstörung und dem Wiederaufbau war der Barockbau Sitz des Museums für deutsche Geschichte, in dem die SED marxistisch-leninistische Propaganda betrieb. Das Haus erhielt nach der Wiedervereinigung als Sitz des Deutschen Historischen Museums (DHM) neue Aufgaben und machte mit zahlreichen Ausstellungen über Ereignisse und Gestalten der deutschen und internationalen Geschichte Furore. Durch einen unterirdischen Gang ging es zu einem gläsernen Haus für Sonderausstellungen. Dieser 2003 eröffnete Pei-Bau ist nach seinem Gestalter, dem chinesisch-amerikanischen Architekten Ieoh Ming Pei benannt.

Sanierung schon in den neunziger Jahren

Der unbefriedigende Zustand des Zeughauses machte in den neunziger Jahren umfangreiche Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten erforderlich. Mehrere Jahre war das Gebäude geschlossen, doch war das DHM in anderen Häusern durch Sonderausstellungen im Kronprinzenpalais und an anderen Orten weiter präsent. Seit 2006 zeigte das Museum auf zwei Etagen die Dokumentation "Deutsche Geschichte in Bildern und Zeugnissen aus zwei Jahrtausenden". Die Zeitspanne reicht von frühen keltischen Goldmünzen und Zeugnissen der Schlacht im Teutoburger Wald im Jahre 9 nach Christus bis fast an die Gegenwart. Diese Ausstellung wird nun abgebaut und kehrt, wenn die Umbaupläne termingerecht realisiert werden, in vier Jahren in neuer Gestalt und mit vielen noch nie öffentlich gezeigten Exponaten zurück.

Das Zeughaus ist eine Vierflügelanlage mit einem großen Innenhof, den ein riesiges Glasdach bedeckt, so dass er auch für Konzerte und festliche Veranstaltungen genutzt werden kann. Hervorzuheben sind die von Andreas Schlüter geschaffenen Masken sterbender Krieger über den Fenstern zum Hof. Die barocken Schlusssteine sind nicht die Köpfe von strahlenden Kriegshelden, sondern schildern auf bewegende Weise Verwundungen und Schrecken des Krieges. Dass das Zeughaus bis in das 19. Jahrhundert ein Waffenarsenal war, verdeutlichen im Hof aufgestellte Bronzekanonen mit reichem Wappenschmuck. Eine lateinische Prunkinschrift über dem Portal an der Straße Unter den Linden nennt den auf einem vergoldeten Medaillon dargestellten Bauherrn und beschreibt in goldenen Lettern die Bestimmung des Hauses folgendermaßen: "Für die Gerechtigkeit durch Waffen, für die Abschreckung der Feinde, für den Schutz der eigenen Völker und der Verbündeten hat Friedrich I., König in Preußen, Vater des Vaterlandes, fromm, erhaben, unbesiegt, dieses Zeughaus, das mit aller Art Kriegsgerät sowie mit Kriegsbeute und Trophäen angefüllt ist, vom Fundament her erbauen lassen 1706".

Sturm in der Revolution auf das Waffenarsenal

In der Revolution von 1848 stürmten aufgebrachte Berliner das Zeughaus und entnahmen dem preußischen Waffenarsenal, was sie für ihren Kampf gegen die Truppen von König Friedrich Wilhelm IV. in die Hand bekamen. Am Morgen des 14. Juni 1848 hatte ein Redner vor versammelten Arbeitern erklärt, ihnen stünde das Recht auf Volksbewaffnung zu und sie sollten sich deshalb im Arsenal Unter den Linden Waffen beschaffen. Die Forderung fiel auf fruchtbaren Boden, weil die meisten Berliner wegen ihrer sozialen Lage nicht Mitglieder der zu Beginn der Revolution im März 1848 gebildeten Bürgerwehr werden konnten. Deren Angehörige mussten ja ihre Ausrüstung selber bezahlen. Als die Menge am Abend des 14. Juni 1848 das Zeughaus angriff, konnten die wenigen Wachsoldaten nicht verhindern, dass die Demonstranten in das Gebäude eindrangen und es plünderten. Dabei wurden nicht nur Waffen mitgenommen, sondern auch historische Kriegstrophäen und Regimentsfahnen zerstört. Sogar die silbernen Quasten von Fahnen und Trophäen wurden abgeschnitten. Im Laufe der Nacht gelang es eilig herbei gerufenem Militär und der Bürgerwehr, die Besetzer zu vertreiben und die Mehrzahl der gestohlenen Waffen samt Munition wieder einzusammeln. Der Vorfall hatte für hohe Polizeibeamte und Anführer der Bürgerwehr unangenehme persönliche Konsequenzen. Es wurden Entlassungen und Freiheitsstrafen ausgesprochen. In der "guten" Berliner Gesellschaft konnten sich einige dieser "Versager" nicht mehr blicken lassen.

29. Juni 2021

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