Schatzhaus und Staatsgefängnis
Kurfürstliches Wappen über dem Eingang zur Spandauer Zitadelle wurde restauriert / Hoffnung auf baldige Öffnung der Ausstellungen





Über dem Eingang zur Spandauer Zitadelle (links der Juliusturm) prangt das von zwei schwarzen Adlern gehaltene kurbrandenburgische Wappen unter einer vergoldeten Königskrone. Gut zu erreichen ist der heutige Museums- und Kulturstandort am besten von der U-Bahnstation Zitadelle oder von der Spandauer Altstadt.



Woher man auch kommt, man geht über eine Brücke, in deren Geländer historische Helme eingefügt sind. Sie weisen auf die militärische Vergangenheit der erst 1920 zu Berlin gefallenen Garnisonstadt hin.



Im U-Bahnhof Zitadelle zeigt ein Wandbild, wie Spandau und seine von einem Graben umgebene Festung im 18. Jahrhundert von oben ausgesehen haben.



Auf der Grafik aus dem späten 19. Jahrhundert ist zu sehen, wie die tief verschneite Zitadelle von einem Soldaten bewacht wird. Der über dem Eingangstor angebrachte Adler sagt, dass hier königlich-preußisches Hoheitsgebiet ist.



In der ehemaligen Exerzierhalle sind historische Kanonen und andere Geschütze sowie weiteres militärisches Gerät ausgestellt. Sehen kann man sie im Moment nur durch die Fenster.



Nach der Reichseinigung von 1871 wurden vor allem aus französischem Gold in Berlin Münzen zu 20, 10 und fünf Mark mit dem Kopf Kaiser Wilhelms I. Das Zwanzigmarkstück mit dem Brustbild von Wilhelm II. wurde 1913, 1914 und 1915 in unterschiedlich hoher Auflage geprägt. Der Jahrgang 1915 kam wegen der Kriegsereignisse nicht mehr zur Ausgabe. Sollte ein Exemplar im Handel angeboten werden, ist ihm ein hoher Preis sicher.



Mit einer schweren Stahltür hat man 1910 den Eingang zum Juliusturm gesichert. Von hier aus geht es über 145 Stufen zur Aussichtsplattform, auf der man einen wunderbaren Blick auf die Zitadelle und die Spandauer Altstadt genießen kann.



Nur gereinigt, aber nicht ergänzt fanden die zum Teil stark beschädigten Marmorfiguren von der Berliner Siegesallee Asyl im ehemaligen Proviantmagazin auf der Spandauer Zitadelle. Preußens berühmtester König, Friedrich II., büßte seinen Arm ein. Gut erhalten ist der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg rechts von ihm.





Bei Ausgrabungen entdeckte Relikte sind im Museum auf der Zitadelle ebenso zu sehen wie Erzeugnisse der ortsansässigen Industrie. Durch den Versailler Vertrag von 1919 verlor das Deutsche Reich seine stark entwickelte Kriegsindustrie. Deshalb musste auch die in Spandau ansässige Garnison den Standort verlassen, und die Rüstungsindustrie hatte sich auf "Friedenswirtschaft" umzustellen. Als Beispiele zeigt das Museum neuartige Elektroerzeugnisse, gewährt aber auch einen Blick auf die ortansässige Filmwirtschaft. (Fotos/Repros: Caspar)

Die Corona-Pandemie hat auch die Spandauer Zitadelle getroffen. Das ehemalige Staatsgefängnis der brandenburgischen Kurfürsten und preußischen Könige und während der Kaiserzeit nach 1871 Tresor für den Reichskriegsschatz ist verwaist. Ab und zu verirren sich Besucher hierher, und wenn man fragt, wann denn die Ausstellungen des Stadtmuseums wieder geöffnet werden, sagt der Wachmann am Eingang lapidar "die Zahlen müssen fallen". Damit sind die Kennziffern bei den Infektionen und den Toten gemeint, nach denen die Anticoronamaßnahmen verschärft oder gelockert werden. Da jetzt in Deutschland immer mehr Menschen geimpft werden, besteht die Hoffnung, dass nun auch die dritte Welle gebrochen wird und sich das Leben langsam normalisiert. Wie dem auch sei, ein Besuch der berühmten Festung lohnt sich auf jeden Fall.

In die mit starken Bastionen, Kasematten und dem Juliusturm ausgestattete Zitadelle Spandau aus dem 16. Jahrhundert, eine der besterhaltenen Festungsanlagen dieser Art in Europa, wurde 1874 der Reichskriegsschatz eingelagert, der aus einem Teil der französischen Kriegskontributionen gebildet worden war. Spandau vor den Toren Berlins besaß seit Jahrhunderten für den brandenburgisch-preußischen Staat große militärische und politische Bedeutung. Hierher wurden in Kriegs- und Krisenzeiten die Preziosen und Dokumente der Hohenzollern geschafft. Die Zitadelle mit dem königlichen Wappenschild über dem Eingangstor war aber auch berüchtigt als Gefängnis.

Kurfürstliches Wappen und alte Kanonen

Seit den napoleonischen Kriegen diente das Torhaus dem Festungskommandanten als Wohnung. Im Obergeschoss befinden sich ein Museumsshop sowie die Ausstellung "Burg und Zitadelle", die direkt zum Juliusturm führt. Zu nennen ist ferner der Palas mit den kurfürstlichen Repräsentationsgebäuden. Hier finden Konzerte statt, außerdem ist in dem Gebäude das Archiv des Stadtgeschichtlichen Museums Spandau untergebracht. Über dem Torhaus prangt ein Wappen aus kurfürstlicher Zeit. Restauratoren haben das barocke Relief in den vergangenen Monaten gereinigt, repariert und farblich neu gefasst, so dass es auf ziegelrotem Grund in schwarz, rot, grün und blau erstrahlt. Unter der vergoldeten, erst nach 1701 eingefügten Königskrone halten zwei schwarze Adler das Schild des Kurstaates mit dem Zepter in der Mitte. Das Wappen wird vom Band des englischen Hosenbandordens umschlossen. Da der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg 1684 die höchste Auszeichnung der britischen Krone erhielt, stammt der Giebelschmuck aus Zeit danach. Wenn irgendwann auch die Ausstellungen auf dem Festungsgelände geöffnet sein werden, kann man in der ehemaligen Exerzierhalle bronzene Kanonen und andere historische Geschütze betrachten und im Zeughaus gegenüber Wechselausstellungen. Zurzeit ist dort eine Dokumentation über Spandau und die Gründung von Groß Berlin 1920 zu sehen.

Beim Besuch der Zitadelle wird manchmal gefragt, warum der Juliusturm mit einer ungewöhnlich starken Tresortür gesichert ist, und erfahren, dass in dem Gemäuer aus dem späten 16. Jahrhundert von 1874 bis 1919 der so genannte Reichskriegsschatz eingelagert war. Ein Gesetz von 1871 legte eine Goldreserve von 40 Millionen Talern beziehungsweise 120 Millionen Mark fest. Obwohl das neue Deutsche Reich im Krieg gegen Frankreich siegreich war, bestand die Gefahr eines neuen Krieges, in dem das in eine Republik umgewandelte Frankreich nach Revanche strebt. Deshalb wurden an strategisch wichtigen Stellen diesseits des Rheins große Reichsfestungen errichtet. Eine war das in der Nähe von Spandau gelegene Fort Hahneberg, von dem bis heute Reste erhalten blieben.

Kisten mit Goldmünzen im Juliusturm

Der im Juliusturm der Spandauer Zitadelle angesammelte Schatz war gedacht, um bei Kriegsgefahr sehr schnell Geld für die Aufstellung und Bezahlung der Truppen zur Verfügung zu haben und jenseits langwieriger Genehmigungsverfahren im Reichstag flüssig zu sein. Der Gesetzestext lässt sich über die Bestimmung des der 120 Millionen Mark nicht näher aus, sondern spricht lediglich von Ausgaben "nur für Zwecke der Mobilmachung". Aus der Vergangenheit wusste man, dass die Mobilisierung, Ausrüstung und Löhnung der Truppen im Vorfeld eines Krieges mit Schwierigkeiten verbunden sein kann, und denen wollte Preußen, die dominierende Kraft im neuen Deutschen Reich, durch einen stets griffbereiten Sonderfonds in Form von Goldmünzen ein für allemal aus dem Weg gehen. In jener Zeit standen sich Frankreich und Deutschland ungeachtet des Frankfurter Friedens von 1871 weiterhin feindlich gegenüber. Beide Staaten rüsteten nicht nur auf, sondern bauten auch neue Festungen. Das Fort Hahneberg unweit von Spandau war eine solche für einen neuen Krieg mit dem "Erbfeind" Frankreich eingerichtete und für den Schutz der Reichshauptstadt Berlin bestimmte Anlage.

Die für den Reichskriegsschatz verwendeten Goldstücke zu 20 und zu zehn Mark waren in einem großen Kraftakt von der Königlichen Münze in Berlin mit dem Kopf Kaiser Wilhelms I. geprägt worden. Das Geld wurde in 1200 Kisten mit je 100 000 Mark verpackt und sicher im Juliusturm verwahrt. Gelegentlich spekulierte vor und nach 1900 die Presse über Sinn und Zweck eines solchen Schatzes und monierte, dass das Gold eigentlich totes Kapital ist, das keine Zinsen bringt. "Gold, in welcher Form und welchen Verhältnissen es immer erscheinen mag, behält seinen Werth, aber gleichwohl schrumpft der Schatz ein, wie Alles, was man abseits trägt im Strom des Lebens", heißt es in einem Zeitungsbeitrag aus dem Jahr 1880, der in der Ausstellung neben dem Juliusturm gezeigt wird. Ein einfaches Rechenexempel lehre, dass diese 120 Millionen Mark seither bereits 30 Millionen Zinserträge gebracht hätten. "Ach wir Armen! Was hätte sich mit dreißig Millionen Alles schaffen lassen", heißt es weiter. Der Beitrag endet mit Blick auf Reichskanzler Otto von Bismarck und den preußischen Generalfeldmarschall und Chef des Generalstabs Helmuth von Moltke mit diesem Stoßseufzer: "So lange die Culturvölker die stehenden Heere fort und fort wachsen lassen, so lange in Ost und West die Kriegsfurie lauert, mögen Bismarck und Moltke Recht behalten mit dem Ausspruche: In Bereitschaft sein, ist Alles".

Reichsreserve vor dem Ersten Weltkrieg verdoppelt

Ein Jahr vor dem Ersten Weltkrieg wurde die goldene Reichsreserve mit Blick auf künftige bewaffnete Auseinandersetzungen auf 240 Millionen Goldmark verdoppelt. In der Begründung zum Gesetz über die Änderung des Finanzwesens vom 3. Juli 1913, nachzulesen in dem Buch von Karl-Dieter Seidel "Die deutsche Geldgesetzgebung seit 1871. Münzen - Papiergeld und Notenbanken mit den Münzverträgen der deutschen Staaten im 19. Jahrhundert" (Verlag Egon Beckenbauer München 1973), ist von der Befriedigung eines außerordentlichen Bedarfs an Silbermünzen bis zur Höhe von 120 Millionen Mark sowie der Ausgabe von Reichskassenscheinen zu fünf und zehn Mark in gleicher Höhe die Rede. "Beide Maßnahmen verfolgten den Zweck, dem Finanzwesen des Reichs gegenüber den in kritischen Zeiten gesteigerten Ansprüchen eine größere Widerstandsfähigkeit zu verleihen."

Mit der Aufstockung des Goldschatzes sollten, wenn Krieg in Sicht ist, "sofort greifbare Mittel des Reichs" vermehrt werden können. Man sah voraus, dass die Nachfrage an Zahlungsmitteln außerordentlich zunehmen und der Bedarf an Hartgeld beträchtlich ansteigen wird. Erwähnt wird in dem Gutachten vor allem die Löhnung der Landtruppen und Marine und dass deren Angehörige sehr viel Ersparnisse mit ins Feld, also in den Krieg, mitnehmen werden. Solche Geldbewegungen seien während der jüngsten Balkanwirren, gemeint die Balkankriege von 1912 und 1913 im Vorfeld des Ersten Weltkriegs, von der Reichsbank beobachtet worden. Um Panik zu vermeiden, wurde eine "Kräftigung des Goldvorrats" vorgeschlagen. "Ein auf das Doppelte vermehrter Reichskriegsschatzes würde mithin die Möglichkeit bieten, 720 Millionen Mark mehr in Noten zu Zahlungen für Heer und Marine sowie für den allgemeinen Verkehr verfügbar zu machen." Die Gefahr einer Inflation der Volkswirtschaft sei nicht zu "besorgen", schließt das Gutachten, auf dessen Grundlage ein Gesetz vom 4. August 1914, gleich nach Kriegsbeginn, Reichskassenscheine und Reichsbanknoten anstelle der Goldmünzen "verabfolgt wurden.

Schwere Tresortür schützte Millionenvermögen

Die anvisierte Verdopplung der Goldreserve in Gestalt des Reichskriegsschatzes kam aufgrund der Kriegsereignisse nicht mehr zustande, denn Gold wurde mit Kriegsbeginn am 1. August 1914 nach und nach eingezogen. Die letzten deutschen Goldmünzen tragen die Jahreszahl 1915. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und der Abdankung von Kaiser Wilhelm II. und der anderen deutschen Bundesfürsten im Jahr 1918 musste die neue Regierung den Reichskriegsschatz im Rahmen des Versailler Friedensvertrags an Frankreich abliefern. Nicht einmal zehn Jahre hatte die schwere Tresortür ihre Aufgabe erfüllt, ein Millionenvermögen vor fremdem Zugriff zu schützen.

Wie man auf einem kleinen Messingschild am Eingang zum Juliusturm lesen kann, wurde die Tresortür im Jahr 1910 eingebaut. Sie wiegt 3000 Kilogramm und ist das älteste Portal dieser Art im Berliner Raum. 1987, als man in beiden Teilen Berlins die Siebenhundertfünfzigjahrfeier der Stadt beging, wurde die Tür restauriert und wieder funktionstüchtig gemacht. Wer sie passiert, gelangt in das Innere des Juliusturms und kann dort über 145 Treppenstufen auf die Aussichtsplattform steigen und einen wunderbaren Rundblick auf Spandau und seine Zitadelle genießen. In einer Ausstellung neben dem Juliusturm wird die Geschichte der berühmten Renaissancefestung am Rande von Berlin, aber auch die weiterer Festungen in der Mark Brandenburg erzählt, dazu sind in den Vitrinen Bilder, Dokumente, Waffen und Uniformen ausgelegt.

Errichtet im 16. Jahrhundert nach Plänen italienischer Festungsbauer, diente die Spandauer Zitadelle den Kurfürsten von Brandenburg und Königen von Preußen als Bollwerk zum Schutz ihrer Haupt- und Residenzstadt Berlin, war aber auch als gefürchtetes Staatsgefängnis sowie in Kriegs- und Krisenzeiten Depot der Kronjuwelen und von wichtigen Archivalien. Mit dem Satz "Du kommst nach Spandow" hat man in alten Zeiten sogar Kindern gedroht, wenn diese nicht artig die Befehle ihrer Eltern befolgten, mit anderen Worten hat man mit Spandau Ängste verbreitet. Selbst für kleine Vergehen konnte man dorthin ins Gefängnis geschickt und zur Zwangsarbeit verdonnert werden. Vor Ort werden schlimme Dinge rund um das Staatsgefängnis erzählt.

Zweimal im Jahr Kontrolle der Bestände

Die Wachmannschaft hütete den Reichskriegsschatz wie den eigenen Augapfel. "Zweimal im Jahr öffnet sich das streng bewachte Thor des Turmes, und zwar einzig den beiden zur Prüfung des Schatzes bestimmten Mitgliedern der Reichsschuldentilgungskommission, denen sich die geheimnisvolle Thür aber auch nur gefügig zeigt, wenn sie gleichzeitig die in ihrem Besitz befindlichen, übrigens sehr zierlichen Schlüssel in das Schloss stecken", heißt es in dem 1895 veröffentlichten Buch "Berlin in Wort und Bild" von Paul Lindenberg, dem wir auch interessante Beobachtungen über die Herstellung des Hartgeldes in der Preußischen Staatsmünze sowie von Geldscheinen in der Reichsdruckerei verdanken. "Nachdem die Zeit der Öffnung genau in dem Protokoll vermerkt wurde, betreten die Beamten die Rotunde, in welcher die Millionen aufbewahrt sind, zerlegt in zwölf Abteilungen, deren jede wieder in zehn Unterabteilungen zerfällt, so dass jede der letzteren eine Million Mark umfasst. Jede dieser Einzelmillionen ist wiederum in zehn Beutel zu je einhunderttausend Mark verteilt, die in besonderen Kästen liegen".

Bei der Kontrolle wurden Stichproben vorgenommen, indem "irgend eine" der Unterabteilungen durchgezählt und auf Richtigkeit ihrer Summe geprüft wird. Wenn das ohne Beanstandung geschehen war, gingen die Prüfer davon aus, dass alles seine Richtigkeit hat. "Neben diesem Reichskriegsschatz, der in Gold ein Gewicht von nahe 48 000 Kilogramm hat, befinden sich im Juliusturm auch noch drei andere Reichsfonds, für die Invalidenversorgung, für den Festungsbau und die Errichtung des Reichstagsgebäudes, die in ähnlicher Weise revidiert werden, nur dass es sich hier um Wertpapiere handelt, welche auf das genaueste mit den Angaben der Inventarbücher verglichen werden." Nach der Bestandsprüfung versinke der Turm wieder in seine Einsamkeit zurück, "die nur durch den Schritt der Militärposten und durch den Schall des Ablösungskommandos unterbrochen wird".

30. Juni Mai 2021

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