Hängen, verbrennen, köpfen, sieden
Die Carolina Karls V. aus dem Jahr 1532 schrieb grausame Todesstrafe für Münz- und andere Verbrechen vor



Das durch kaiserliche Gnade und Privilegierung vor Nachdruck und Missbrauch geschützte Strafgesetzbuch trägt den Namen Kaiser Karls V., den der Kupferstich im Alter von 31 Jahren abbildet. Rechts zeigt das Titelblatt der in Augsburg und Regensburg beschlossenen Carolina, was Verbrecher zu erwarten haben, wenn sie von den Gerichten "peinlich befragt" und dem Henker überantwortet werden.





Mit drastischen Bildern und Beschreibungen sowie Strafandrohungen und blutigen Urteilen wollte man vor und nach 1500 die Leute anhalten, ein gottesfürchtiges und ehrliches Leben zu führen und sich von Gesetzesverstößen aller Art fernzuhalten.



Wider das Gesetz hält der Richter in dem von Hans Holbein dem Jüngeren illustrierten Volksbuch vom Totentanz aus dem Jahr 1538 die Hand auf, links ein armer Angeklagter, rechts ein reicher Mann, der ihn besticht. Der Tod aber beobachtet die Szene und gibt dem bestechlichen Richter kein langes Leben, lautet die Moral. In der Mitte sorgt ein reicher Mann dafür, dass Fürsprecher gut über ihn aussagt. Rechts soll der im Ständebuch des Jost Amman aus dem Jahr 1568 für Recht und Ordnung sorgen, aber auch er sorgt, dass über die vor Gericht ausgefochtene Angelegenheit so geurteilt wird, dass "offt gfüllt beutl und maul."



Der in der Berliner Staatsbibliothek aufbewahrte Einblattdruck von 1482 aus Magdeburg warnt vor falschen Goldgulden. Angesichts des Mannes, dem Daumenschrauben angelegt werden, glaubt man wilde Schreie zu hören.



Der Kupferstich nimmt die Machenschaften der Kipper und Wipper zu Beginn des Dreißigjährigen Kriegs (1618-1648) satirisch aufs Korn






Der sächsische Doppeltaler von 1657 und der Rübentaler von 1504 aus Salzburg finden auch als Nachprägungen aus späterer Zeit ihre Liebhaber. Beim Vergleich mit den Originalen fallen die Unterschiede sofort ins Auge. (Fotos/Repros: Caspar)

Das Mittelalter war geprägt von Kriegen und Epidemien, von Gewalt, Mord und Totschlag. Nur wenige Privilegierte konnten lesen und schreiben, die Lebenserwatung für die meisten Menschen war gering, sie hatten Mühe, sich und ihre Familien mit vielen Kindern einigermaßen über Wasser zu halten. Die Chroniken sind voll von Berichten über den wenig menschenfreundlichen Umgang der Leute miteinander, und sie schildern, wie ungerecht es damals zuging, wie gewaltig der Unterschied zwischen Arm und Reich, Unten und Oben war und welche letztlich erfolglose Versuche es gab, die Standesschranken zu überwinden. Nur wenigen Leuten aus den Unterschichten, wie wir heute sagen würden, gelang es, sich nach oben zu arbeiten, Vermögen anzuhäufen und Ansehen zu gewinnen. Es nimmt nicht Wunder, dass damals (und nicht nur damals) versucht wurde, mit List und Tücke, Raub und Betrug die gesellschaftlichen und ökonomischen Schranken zu überwinden. Wer dabei erwischt wurde und nicht gerade zu den Privilegierten im Lande gehörte, hatte mit schweren Strafen an Leib und Leben zu rechnen und endete unter dem Gejohle einer schaulustigen Menge am Galgen, in siedendem Öl oder unter dem Schwert des Henkers. Da es damals noch keine Gefängnisse gab, wie sie im 19. Jahrhundert eingerichtet wurden, und die "Verwahrung" der Gefangenen den Staat und die Kommunen viel Geld kostete, waren Todesstrafen auch für vergleichsweise kleine Delikte die Regel, weshalb Henker und ihre Gehilfen viel zu tun hatten. In der Umgebung von historischen Richtstätten haben Archäologen zahlreiche Skelette mit abgeschlagenen Köpfen ausgegraben.

Die "Peinliche Gerichtsordnung" Kaiser Karls V. aus dem Jahr 1532, bekannt auch als Carolina, liegt uns als Ausgabe der Reclam Universalbibliothek Nr. 18064 vor. Ihr Herausgeber Friedrich-Christian Schroeder bezeichnet den etwa 300 Jahre gültigen und angewandten Codex mit 219 Artikeln als herausragendes Denkmal der deutschen Rechtsgeschichte. "Entstanden in einer Zeit, sozialen Umbruchs, gelang ihr ein Ausgleich zwischen den Bestrebungen nach einer rücksichtslosen Kriminalitätsbekämpfung und gewissen - wenn auch zu jener Zeit noch unvollkommenen - Sicherungen der Wahrheitsfindung, zwischen dem überkommenen deutschen Recht und dem eindringenden römisch-italienischen Recht." Manche Bestimmungen wirken bis heute nach, so das aus Kostengründen erlassene Gebot der Beschleunigung von Strafprozessen (Artikel 77) und die Geldbusse für vergleichesweise geringe "Missetaten" im zweifachen Wert des gestohlenen Gegenstands.

Geständnisse als Ergebnis von Folter

Die Carolina legte fest, was damals strafbar war und wie man durch "peinliche" Befragung, also Folter, zu einem Geständnis gelangt, was Justizbehörden und Gerichte zu tun haben, wie ein Verurteilter vom Leben zum Tod befördert wird und welchen geistlichen Beistand er dabei erhält. Weitere Artikel schreiben vor, wie Urteile abgefasst werden sollen und welche Pflichten die Gerichtsschreiber haben, warum die Richter von einem Angeklagten nichts annehmen sollen, was aus konfiszierten Diebesgütern wird, wer die Gerichtskosten trägt, ja auch wer einen Galgen aufrichten und ausbessern darf.

Die Artikel in ihrer Weitschweifigkeit und der Schreibweise des frühen 16. Jahrhunderts zu lesen und zu verstehen, bedarf einiger Übung. Dazu aber gibt der Herausgeber wichtige Hinweise und Erläuterungen. Er weist im Anhang darauf hin, dass Beweise für eine Tat im Ermittlungsverfahren gewonnen wurde. Dieses war nicht öffentlich und spielte sich in Amtsstuben, Untersuchungsgefängnissen und Folterkammern ab. In der öffentlichen Gerichtsverhandlung hatte der Angeklagte nur noch Gelegenheit, um Gnade zu bitten. Er konnte aber auch sein durch Marter abgepresstes Geständnis widerrufen, was allerdings neue Folter auslöste. Die Carolina lässt sich darüber nicht aus, was konkret dabei konkret passiert und welche Werkzeuge eingesetzt werden. Wahrscheinlich waren die grausamen Methoden damals so gut bekannt und üblich, dass sie in dem Gesetzbuch nicht extra beschrieben werden mussten. Die Folter konnte "nach gelegenheyt des argkwons der person, vil, offt oder wenig, hart oder linder nach ermessung eyns guten Richters fürgenommen werden." Was der Delinquent dabei sagt, sollte nicht aufgeschrieben werden, sondern nur das, was er von sich gibt, "so er von der marter gelassen ist", wenn sie denn dazu noch in der Lage waren.

Die durch zahlreiche Chroniken und Gerichtsakten belegten schmerzhaften Praktiken der Wahrheitsfindung in Fällen von Mord und Totschlag, Raub, Brandstiftung, Ehebruch und Aufruhr gegen die Obrigkeit sowie Hexenprozessen, Majestätsverbrechen, Hexenprozessen und anderen Verfahren belegen, dass hier viel Willkür im Spiele war und sich Untersuchungsrichter und ihre Knechte nicht selten über die Bestimmungen der Carolina hinweg gesetzt und ihren ganzen Frust an den Gefangenen ausgelassen haben. Natürlich kam es auch vor, dass Juristen die Hand aufgehalten haben, um einen Prozess abzukürzen und sein Ergebnis für oder gegen den Angeklagten zu beeinflussen. Dass diese Bestimmungen auch nach Veröffentlichung der Carolina immer wieder von Neuem erlassen wurden, sagt doch nichts anderes, als dass es dafür triftige Gründe gab und es mit der Gesetzestreue unserer Vorfahren nicht weit her war.

Münzfälschung erbarmungslos geahndet

Schauen wir uns an, was die Carolina zum Thema Münzfälschung sagt. Im Artikel 111 wird festgestellt, dass Münzen auf dreierlei Weise gefälscht werden. "Erstlich wann eyner betrieglicher weiß eyns andern zeychen darauf schlecht, Zum andern wann eyner unrecht metall darzu setzt, Zum dritten, so eyner der müntz jre rechte schwere geuerlich benimt". Verboten ist, fremdes Geld in betrüglicher Weise fremdes Geld nachzuprägen, Silber und Gold gesetzwidrig mit Kupfer zu versetzen und zu strecken und schließlich das Gewicht der Münzen "gefährlich" vermindern. Das alles war streng verboten und wurde mit schweren Strafen an Leib und Leben geahndet, aber wie die Münzgeschichte lehrt, haben sich Betrüger hohen und niedrigen Standes zu keiner Zeit davon abhalten lassen, Profit aus minderwertigen Legierungen und der Gewichtsreduzierung durch Beschneiden und Befeilen und auf andere Weise zu erwirtschaften.

Münzverbrecher sollten "mit dem fewer vom leben zum todt" gebracht werden, ferner wurde ihnen als weitere schmerzhafte und öffentlich wirksame Todesstrafe das so genannte Rädern (Flechten auf dem Rad) angedroht. Die Strafe galt auch für denjenigen, der falsches Geld an sich bringen und "vund widerumb geuerlich vnd boßhafftiglich dem nechsten zum nachtheyl wissentllich außgibt, die sollen nach gewohnheyt auch satzung der recht mit dem fewer vom leben zum todt gestafft werden." Wer das Gewicht von Münzen mindert, kommt ins Gefängnis und wird nach "gestalt der sachen", also je nach Schwere des Verbrechens, bestraft. Gleiches gilt für Personen, der fremde Münzen umprägt beziehungsweise einschmilzt und daraus geringhaltige Münzen herstellt. "So aber mit der herrschafft willen vnnd wissen solches geschehe vnnd wissen solches geschehe, so soll die selbige herrschafft sein müntz freiheyt verwürckt vnd verloren haben."

Strafmaßnahmen mit geringem Erfolg

Ungeachtet solcher Drohungen haben Fürsten und Kommunen ihr Münzrecht missbraucht, minderwertiges Geld in Umlauf gesetzt und sich dabei williger Helfer in den Münzstätten bedient. Als in der Zeit der Kipper und Wipper zu Beginn und am Ende des 17. Jahrhunderts in gewaltigen Mengen minderwertige Münzen hergestellt wurden, waren große und kleine Potentaten sowie städtische Behörden an diesem einträglichen Geschäft beteiligt. Wenn Täter überhaupt bestraft wurden, dann waren es die in den "Heckenmünzen" praktisch tätigen "kleinen" Leute, während den Hintermännern nichts geschehen ist. Da konnten die Carolina und die Münzedikte Strafen androhen wie sie wollte, sie nutzten nichts, wo schneller Profit winkte. Wurde der volkswirtschaftliche Schaden zu groß, hat man die Schmieden im Auftrag des Kaisers oder von einflussreichen Fürsten geschlossen, manchmal niedergerissen und die betreffenden Geldstücke verboten und eingezogen. Der Erfolg der Strafmaßnahmen dürfte mäßig gewesen sein, denn sonst gäbe es heute nicht noch so viele Münzen, die zu leicht sind und aus einer minderwertigen Legierung bestehen. .

1. Oktober 2020

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